Ein gesundes Leben für alle Menschen gewährleisten und dabei niemanden zurücklassen: Dieses Ziel hat die Bundesregierung erst im September vergangenen Jahres bei einem hochrangigen Treffen der Vereinten Nationen bekräftigt.
Doch wie ist es in Wirklichkeit in Deutschland und der Welt um die sogenannte Universal Health Coverage bestellt? Darüber haben auf einer gemeinsamen Veranstaltung von Ärzte der Welt und Brot für die Welt Expert*innen sowie Vetreter*innen der Weltgesundheitsorganisation und der Bundesregierung miteinander diskutiert – zum Teil recht kontrovers.
Ganze Gruppen werden systematisch vom Zugang zu ausreichender Gesundheitsversorgung ausgeschlossen, es handelt sich nicht um Einzelfälle, widerspricht Offe Alexander Schmidt-Gerning vom @BMG_Bund.
— Ärzte der Welt (@aerztederwelt) December 12, 2019
Ärzte der Welt präsentiert neuen Gesundheitsreport
In Rahmen der Veranstaltung stellte Ärzte der Welt auch seinen aktuellen Gesundheitsreport vor. Die Datenanalyse gibt einen seltenen Einblick in die Situation von Personen und Gruppen, die vom regulären Gesundheitssystem ausgeschlossen werden.
Unsere Kollegin Carolin Bader stellt in Berlin unseren Deutschen Gesundheitsreport zur Situation von Menschen ohne ausreichenden Zugang zu medizinischer Versorgung vor. #UHCDay #UHCDay2019 pic.twitter.com/nUIlgWgAxG
— Ärzte der Welt (@aerztederwelt) December 12, 2019
Der Bericht basiert auf Daten von über 1.000 Patient*innen, die 2019 in Hamburg, München oder Berlin eine der medizinischen Anlaufstellen oder einen Behandlungsbus von Ärzte der Welt aufgesucht haben. Dazu gehörten vor allem Menschen ohne Versicherung oder mit Beitragsschulden, Migrant*innen aus anderen EU-Mitgliedsstaaten, Asylsuchende und Menschen ohne geregelten Aufenthalt.
Der Umgang mit Migrant* innen ist der Lackmustest, wie weit ein Land wirklich von #UHC entfernt ist, sagt Michael Knipper von der @jlugiessen. #UHCDay #UHCDay2019 pic.twitter.com/FUa7w7wTgl
— Ärzte der Welt (@aerztederwelt) December 12, 2019
Die Studie ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil die untersuchten Zielgruppen, zum Beispiel wegen fehlender Meldeadresse oder Sprachbarrieren, normalerweise kaum befragt werden können.
Viele unserer Patient*innen ohne regelmäßigen Zugang zu Gesundheitsversorgung lebten gleichzeitig unter krankmachenden Lebensbedingungen, berichtet unsere Referentin Carolin Bader. #UHCDay #UHCDay2019 pic.twitter.com/5ssGjjw3tY
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Menschen ohne festen Wohnsitz erschreckend schlecht versorgt
95,6 Prozent von ihnen lebten unterhalb der europäischen Armutsgrenze. Nur 11,4 Prozent wohnten zur Miete oder in einer eigenen Wohnung. Andere waren bei Freunden oder Familie untergekommen, wohnten in einem besetzten Haus, kampierten oder übernachteten am Arbeitsplatz. Knapp über 14 Prozent schliefen in einem Wohnheim oder einer Unterkunft für Wohnungslose, 30,9 Prozent waren obdachlos.
Schwangere kamen im Mittelwert in der 17. Woche zum ersten Mal zu Ärzte der Welt, knapp 73 Prozent waren zuvor noch bei keiner Vorsorgeuntersuchung gewesen.
Insgesamt hatten rund 60 Prozent der Befragten in den vorangegangenen zwölf Monaten darauf verzichtet, medizinische Versorgung in Anspruch zu nehmen, obwohl sie krank waren. Die obdachlosen Patient*innen verzichteten mit 73,8 Prozent deutlich häufiger auf medizinische Leistungen.
Ankerzentren machen Asylsuchende krank
Die Veröffentlichung enthält einen Einleger zu einem Projekt von Ärzte der Welt zur psychischen Versorgung von Asylsuchenden im sogenannten Ankerzentrum im bayerischen Manching bei Ingolstadt. Ärzte der Welt konnte aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen in der Unterkunft die Verantwortung für die Gesundheit der Patient*innen nicht mehr tragen und musste seinen Einsatz daher im Oktober vorzeitig beenden.
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