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Arzt untersucht Kind in der open.med-Sprechstunde. Foto: Mike Yousaf

Gesundheit für alle?

Gesundheit für alle?

 

In Hamburg, Stuttgart, Berlin und München bietet Ärzte der Welt kostenlose medizinische Behandlungen an für Menschen, die keinen oder nur eingeschränkten Zugang zu Gesundheitsversorgung haben. Dass diese Angebote immer nötiger werden, zeigt der steigende Andrang von Patientinnen und Patienten. Berichte aus unseren Anlaufstellen.

Mehrere Hunderttausend Menschen in Deutschland haben keinen ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Und manche Menschen gehen trotz eines möglichen Versicherungsanspruchs nicht zum Arzt, weil sie etwa die bürokratischen Hürden fürchten, dort nicht anonym behandelt werden würden oder kein Deutsch sprechen. Deshalb bietet Ärzte der Welt seit über zehn Jahren medizinische Versorgung und Beratung an, kostenlos, anonym und mit Dolmetscher(in). Ehrenamtliche Ärztinnen und Ärzte behandeln in den Anlaufstellen in Hamburg, Stuttgart, Berlin und München die Patient(inn)en und Mitarbeitende von Ärzte der Welt bieten eine Sozialberatung an, um Menschen bei der (Wieder-)Eingliederung in das reguläre Gesundheitssystem zu unterstützen. Dass diese Angebote stärker nachgefragt wurden, spürten die Teams im letzten Jahr deutlich.

Hamburg

In der Hamburger Anlaufstelle Migrantenmedizin westend,  einem Kooperationsprojekt von hoffnungsorte hamburg und Ärzte der Welt, ist die Zahl der Konsultationen etwa gleich geblieben, jedoch ist die Zahl der Besucherinnen in der Frauensprechstunde stark gestiegen. Die meisten Patientinnen sind schwanger und werden durch ehrenamtliche Frauenärztinnen betreut. Der größeren Nachfrage versucht das Team durch längere Sprechstunden gerecht zu werden, nach Möglichkeit werden auch zusätzliche Sprechstunden angeboten. „Wir kümmern uns um die Frauen in ihrer Schwangerschaft und natürlich auch um ihre Babys, mit denen sie später in die Kindersprechstunden kommen“, sagt Projektreferentin Marianne Schaaf. Die meisten Patientinnen und Patienten der Hamburger Anlaufstelle kommen aus anderen Ländern der EU. Für sie stehen bei Bedarf Dolmetscher/-innen zur Verfügung.

Neben der medizinischen Versorgung helfen die Mitarbeiterinnen der Migrantenmedizin auch dabei, in das reguläre Versicherungssystem aufgenommen zu werden. „Das ist ein bürokratischer Vorgang, den man fast nur mit einer juristischen Beratung meistern kann“, sagt Schaaf. Nur mal eben zum Amt gehen und sich versichern lassen, das sei unrealistisch. „Gerade dieser enorme verwaltungstechnische Aufwand stellt für die Menschen ein riesiges Hindernis dar.“ Ohne die Hilfe und Beratung, wenn nötig mit Dolmetscher(inne)n, hätten die nichtversicherten Patientinnen und Patienten kaum Chancen, in die gesetzliche Krankenversicherung eingegliedert zu werden.

Stuttgart

Dem pflichtet auch Jakob Reineke bei, der die bürokratischen Herausforderungen auch aus dem Projekt MedMobil in Stuttgart (ein Projekt von Ärzte der Welt zusammen mit der Ambulanten Hilfe) nur allzu gut kennt. Hier führten die Ärztinnen und Ärzte im Vergleich zum Vorjahr fast 300 Konsultationen mehr durch. „Etwa 60 Prozent unserer Patient(inn)en sind deutsche Staatsbürger und etwa 40 Prozent sind EU-Bürger/-innen, vor allem Angehörige der Roma-Minderheit“, sagt Jakob Reineke. „Für alle sind wir ein wichtiger Ansprechpartner, denn es gibt in Stuttgart sonst fast keine anderen Angebote für eine medizinische Versorgung dieser Art. So bleibt den Menschen ohne Krankenversicherung oft nur der Weg zum MedMobil.“

Berlin

Die Anlaufstelle open.med Berlin wurde zusammen mit 'Medizin hilft e.V.' im Herbst 2016 eröffnet und im letzten Jahr gerade von Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus aufgesucht. Auch Asylbewerber/-innen kommen zu open.med, vor allem zu den psychotherapeutischen/psychiatrischen Sprechstunden. Viele bringen ihre Babys in die Kindersprechstunde, da sie beispielsweise noch auf eine Gesundheitskarte für ihre Säuglinge warten. Auch Menschen aus anderen EU-Ländern kommen in die Praxis: „Aus der Gruppe der EU-Bürger/-innen waren gegen Ende letzten Jahres fast alle neu aufgenommenen Patienten Kinder unter zwölf Jahren“, sagt Burcu Güvenç, Projektreferentin bei open.med Berlin. Seit Januar 2018 bietet das Team pro Woche eine zweite allgemeinmedizinische Sprechstunde an.

München

In München bemerkt das Ärzte der Welt-Team in der open.med-Anlaufstelle ebenfalls die stark gestiegene Anzahl der Konsultationen: knapp 500 Patientenkontakte mehr sind es im Vergleich zum Vorjahr. Aufgrund der Nachfrage bieten die ehrenamtlichen Ärzte auch Sondersprechstunden für fachärztliche Konsultationen, etwa urologische und psychotherapeutische Sprechstunden, Frauensprechstunden und Kindersprechstunden an.

In den Wintermonaten von Anfang November bis Ende April fährt das Team von open.med München zwei Mal wöchentlich mit dem Behandlungsbus zum Kälteschutz der Stadt München. Wohnungslose Männer, Frauen und Kinder können dort übernachten. Im Behandlungsbus von Ärzte der Welt erhalten sie die nötige medizinische Versorgung. „Viele trauen sich nicht ins Krankenhaus oder zum Arzt, selbst wenn es ihnen sehr schlecht geht“, sagt Cevat Kara, Projektreferent bei open.med München. „Sie haben Angst vor den Kosten, dass sie sich nicht verständlich machen können oder dass sie wegen ihrer Situation einfach nicht behandelt werden. Wir spüren deutlich den hohen Bedarf an niedrigschwelligen Versorgungs- und Beratungsangeboten.“Dieser Bedarf beschränkt sich nicht auf den Kälteschutz: Das Team fährt wöchentlich auch den Münchner Hauptbahnhof und bekannte Übernachtungsplätze von Wohnungslosen an.

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