Ausdauer in der Hilfe zeigen

Ukraine:
Ausdauer in der Hilfe zeigen

David Schuster ist seit zweieinhalb Jahren Landeskoordinator für unser Projekt in der Ukraine. Im Interview spricht er über die Situation in der Ukraine und den Schwierigkeiten, mit denen alle konfrontiert sind.

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David, wie hat sich die Situation in der Ukraine in den letzten zweieinhalb Jahren verändert?

Das Leid wird immer größer und das Interesse der Öffentlichkeit leider weniger. Das zeigt sich auch in den Projektgeldern, die wir erhalten. Dadurch wird es für uns immer schwieriger, unsere Hilfe zu leisten. Das ist in den letzten 2,5 Jahren sehr sichtbar geworden. Im ersten Jahr war das eine ganz andere Arbeitsatmosphäre.

Was heißt das konkret für die Versorgung der Menschen?

Wir versorgen weiterhin Patient*innen, dafür sind wir als Ärzte der Welt stark genug. Das Problem ist nur, dass sehr viele andere Organisationen schließen mussten. Wir bekommen also mehr Patient*innen, auch wegen der allgemeinen Situation.

Unser besonderer Fokus liegt auf der mentalen Gesundheit.

Diese hat sich in der ukrainischen Bevölkerung sichtbar verschlechtert. Es ist zwar schwierig zu messen, dennoch sehen wir, dass mehr Menschen psychische Probleme durch den Konflikt haben. Denn je länger man in einer so belastenden Situation lebt, umso mehr merkt man, wie man mental damit kämpfen muss.

Wie würdest Du die Situation beschreiben?

An manchen Tagen haben wir mindestens vier bis fünf Mal Luftalarm. Das heißt nicht, dass es dann immer zu Bombardierungen kommt, aber es kann dennoch jedes Mal passieren. Diese Sorge nagt an einem. Das gilt auch für uns internationale Mitarbeitende.

Für die einheimischen Mitarbeitenden ist die Lebenssituation noch schwieriger geworden. Die Inflation steigt und so müssen die Menschen noch mehr ausgeben, um über die Runden zu kommen.

Zudem zieht die Regierung immer mehr Soldaten ein und es kommt oft vor, dass ein Mann abends nochmal zum Einkaufen rausgeht – aber dann nicht mehr wieder kommt, weil er von den Behörden aufgegriffen und direkt an die Front geschickt wurde.

David Schuster ist Landeskoordinator für unser Projekt in der Ukraine

Ich wollte mich im Namen von Ärzte der Welt bedanken, dass Ihr für uns da seid. Dass Ihr spendet. Denn ohne Eure Unterstützung könnten wir in der Ukraine, in Äthiopien oder weltweit diese humanitäre Hilfe nicht weiterführen.

David Schuster, Landeskoordinator Ukraine

Wie lernen unsere Patient*innen und die Teammitglieder, besser mit diesen Belastungen umzugehen?

Auf der Teamseite und auf Seite der Patient*innen ist fast der gleiche Mechanismus. Grundlage ist zu sehen, dass man mentale Probleme hat und dass man darüber redet. Dieses Anerkennen, dass man Hilfe braucht und sich dann Unterstützung sucht, ist nicht nur für die Betroffenen selbst wichtig, sondern auch für die Angehörigen.

Mentale Probleme sind oft ein Tabuthema. Im Endeffekt haben alle in der Ukraine ähnliche Probleme, ob das nun die internationalen Mitarbeitenden sind, die nationalen Kolleg*innen, die Mediziner*innen in den Kliniken oder die Menschen, die einfach ihren Alltag bewältigen müssen.

Hast Du einen Wunsch für unsere Projektarbeit?

Es ist unrealistisch zu sagen, es solle keine Kriege oder Konflikte mehr geben. Die Welt ist leider, wie sie ist. Die Realität scheint mir zurzeit allerdings, dass wir weniger Beharrlichkeit haben, um Menschen beizustehen, mit Geldern, mit Unterstützung, medizinischer Hilfe. Ich wünsche mir daher, dass wir ganz individuell – denn das fängt ja beim Individuum an – bis hin zu den Regierungen oder den Geldgebern, ausdauernder darin werden, Menschen zu unterstützen.

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