Mitarbeitende von Ärzte der Welt halten Schilder: Psychische Gesundheit ist so wichtig wie körperliche Gesundheit

Bedrohte psychische Gesundheit

Die israelische Besatzung wirkt sich extrem negativ auf die psychische Gesundheit palästinensischer Geflüchteter aus. Ein neuer Bericht von Ärzte der Welt wirft ein Schlaglicht auf diesen Aspekt der Krise im Westjordanland.

Allein 2025 sind rund 44.000 Palästinenser*innen im Westjordanland gewaltsam vertrieben worden – die höchste Zahl seit 1967.  Sie sehen sich anhaltender Gewalt, häufigen Razzien, Zwangsräumungen und Bewegungseinschränkungen ausgesetzt. 

Ärzte der Welt hat untersucht, wie sich die israelische Besatzung auf ihre psychische Gesundheit auswirkt. Die Daten wurden zwischen Januar 2024 und März 2025 in acht Geflüchtetencamps im Westjordanland gesammelt. In dieser Zeit hat Ärzte der Welt mehr als 1.600 Palästinenser*innen mit psychologischen Erste-Hilfe-Konsultationen unterstützt.

Die wichtigsten Erkenntnisse aus dem Bericht

  • 98 Prozent der von Ärzte der Welt unterstützten Palästinenser*innen zeigen deutliche Anzeichen von Stress. Fast alle gaben an, dass die Besatzung ihren Alltag störe, 58 Prozent haben Schlafprobleme, eine typische Folge von Stress und Angst.
  • Im Jahr 2025 haben die Teams von Ärzte der Welt deutlich mehr Konsultationen zur psychischen Gesundheit durchgeführt. Während Ärzte der Welt seit September 2023 im Westjordanland mit etwa 100 Palästinenser*innen mit Flüchtlingsstatus pro Monat arbeitete, hat sich diese Zahl im Februar 2025 verfünffacht.
  • Ärzte der Welt hat bei der Mehrheit der Palästinenser*innen mit Flüchtlingsstatus, die sich wiederholt vorstellten, Symptome wie chronischen Stress, Hoffnungslosigkeit, psychosomatische Erkrankungen und erlernte Hilflosigkeit festgestellt.
  • Drei Viertel der palästinensischen Geflüchteten, die von unseren Teams unterstützt wurden, waren innerhalb von vier Monaten mehr als einem Gewaltvorfall ausgesetzt.
  • Die kognitive, emotionale und soziale Entwicklung von Kindern wird durch die israelische Besatzung beeinträchtigt. Kinder-Grundrechte werden untergraben. Kinder leiden unter Vertrauensverlust und Entwicklungsrückschritten.
  • Immer wieder der Gewalt durch die israelische Besatzung ausgesetzt zu sein, führt bei den Menschen zu einem Zustand ständiger Hypervigilanz, einer übersteigerten Wachsamkeit. Sie rechnen jederzeit damit, dass sie oder eine nahestehende Person sterben könnte, fühlen sich verzweifelt und hoffnungslos. Unter diesen Umständen ist es Menschen nicht möglich, sich zu erholen oder gar Heilungsprozesse anzustoßen.

Der Bericht zeigt, wie die wiederholten Militärrazzien, Überfälle auf Häuser, Vertreibungen und Beschränkungen der Bewegungsfreiheit den geflüchteten Palästinenser*innen anhaltenden psychischen Schaden zufügen. In diesem Sinne kann man von psychologischer Folter sprechen. Ärzte der Welt fordert daher ein Ende der Besatzung auch als notwendige Voraussetzung für psychische Heilungsprozesse.

Unser Appell an Entscheidungsträger*innen

  • Setzen Sie die Stellungnahme des Internationalen Gerichtshofs vom Juli 2024 durch, indem Sie sofortige und konkrete Maßnahmen ergreifen, um die Besatzung zu beenden. Das beinhaltet einen vollständigen militärischen Abzug und die Beendigung der Annexion des Westjordanlands.
  • Sichern Sie das Recht auf Gesundheit, einschließlich psychischer Gesundheit, für alle Palästinenser*innen und unterstützen Sie eine politische Lösung, die auch die Rechte Geflüchteter einschließt.
  • Schützen Sie das Mandat des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNWRA), das für die Bereitstellung grundlegender Dienstleistungen unerlässlich ist.
  • Garantieren Sie den sicheren humanitären Zugang und heben Sie Bewegungsbeschränkungen auf, die Palästinenser*innen und unparteiische Hilfsorganisationen betreffen.

Publikationen zu diesen Themen:

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