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Initiative Gesundheit Unteilbar

Gemeinsam gegen Ausgrenzung
und für ein gerechtes Gesundheitssystem!

Berlin, 18. Februar 2025 – Über 140 Akteure aus dem Sozial- und
Gesundheitsbereich erheben ihre Stimme gegen Ausgrenzung und für einen
verbesserten Zugang zu gesundheitlicher Versorgung für alle. Sie sind besorgt
über populistische und menschenverachtende Aussagen bis weit in die politische
Mitte hinein, die die berechtigte Unzufriedenheit mit dem Gesundheitssystem
vieler Menschen nutzen, um gegen Migrant*innen, geflüchtete und
armutserfahrene Personen, Menschen mit Behinderungen und andere sozial
benachteiligte Gruppen zu hetzen. Stattdessen muss eine neue Bundesregierung
das Thema Gesundheit wieder hoch auf die Agenda setzen und die Frage angehen,
wie der Zugang zu Gesundheitsversorgung für alle in Deutschland lebenden
Menschen verbessert werden kann.

Gesundheit ist ein Menschenrecht! Deutschland hat sich in internationalen Verträgen
verpflichtet, gesunde Lebensbedingungen und einen diskriminierungsfreien Zugang zur
gesundheitlichen Versorgung für die gesamte Bevölkerung sicherzustellen.

Wir – das sind Sozial- und Wohlfahrtsverbände, Gewerkschaften, Verbände für
Menschen mit Behinderungen, humanitäre und Menschenrechtsorganisationen,
Migrantinnenorganisationen, Patientinnen- und Selbstvertretungen und viele mehr –
erleben täglich, wie ungleich die Chancen von Menschen sind, gesundheitliche
Versorgung zu erhalten.
Viele Menschen in Deutschland stehen vor massiven
Barrieren, wenn sie gesundheitliche Versorgung benötigen. Besonders betroffen sind
wohnungslose, geflüchtete und armutserfahrene Menschen sowie Menschen ohne
Krankenversicherung oder mit Behinderungen.

Die Hindernisse im Zugang zur Gesundheitsversorgung sind für benachteiligte
Bevölkerungsgruppen besonders sichtbar, betreffen aber auch die breite Bevölkerung.
Lange Wartezeiten auf Termine, fehlende Angebote im ländlichen Raum oder in
ärmeren Stadtteilen, Ungleichbehandlung zwischen privat und gesetzlich Versicherten,
Sprachbarrieren, fehlende Informationen und bürokratische Hürden sind nur einige
Beispiele struktureller Diskriminierung. Diese Barrieren werden durch eine Ausrichtung
des Gesundheitswesens auf ökonomischen Gewinn verstärkt. Sie führt dazu, dass
Angebote nicht dem Bedarf entsprechend, sondern auf der Grundlage von
Profitchancen auf- und ausgebaut werden.

Von einem niedrigschwellig zugänglichen und gerechteren Gesundheitssystem würden alle Menschen in Deutschland profitieren. Positive Erfahrungen und Lösungsansätze gibt es bereits, sowohl international als auch in Deutschland. Erste Ansätze zur Stärkung einer niedrigschwelligen, multiprofessionellen Primärversorgung und zum Ausbau eines diversen, inklusiven und barrierefreien Gesundheitswesens wurden in der letzten Legislaturperiode intensiv diskutiert. Strukturelle Verbesserungen sind aber letztlich nicht auf den Weg gebracht worden.

Der daraus entstehende Frust bildet einen gefährlichen Nährboden für
Ressentiments und Populismus,
der genutzt wird, um gegen Migrant*innen,
geflüchtete und armutserfahrene Personen, Menschen mit Behinderungen und andere
sozial benachteiligte Gruppen Stimmung zu machen. Dabei bedienen sich längst nicht
mehr nur Rechtsextreme ausgrenzender und menschenverachtender Narrative. Bis weit
in die politische Mitte hinein werden – oftmals auf faktisch falschen Behauptungen
basierend – Ängste geschürt und Feindbilder erzeugt, die die Gesellschaft spalten.
Davon profitieren, wie man inzwischen nachweisen kann, allerdings vor allem
rechtsextreme Parteien.

So werden Gruppen gegeneinander ausgespielt, strukturelle Probleme aber nicht
angegangen.
Mehr noch: Eine Politik, die Grenzen schließen, Migration verhindern und
Sozialleistungen für ohnehin marginalisierte Personengruppen abschaffen will, wird
strukturelle Diskriminierungen in unserer Gesellschaft weiter befördern und den
Zugang zu gesundheitlicher Versorgung für weite Teile der Bevölkerung sogar
verschlechtern. Bereits bestehende Probleme im Zugang, strukturelle
Ungleichbehandlung und Ungerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung werden
zunehmen. Bei weiterem Erstarken rechtsextremer Kräfte fürchten wir auch den
Wegzug des Gesundheits- und Pflegepersonals mit eigener oder familiärer
Migrationsgeschichte. Dabei ist unser Gesundheitssystem dringend auf diese Fachkräfte
angewiesen.

Diese Spaltungstendenzen möchten wir nicht länger hinnehmen! In der Initiative
Gesundheit Unteilbar vereinen sich Akteure der Zivilgesellschaft und des
Gesundheitswesens. Gemeinsam möchten wir diesen Entwicklungen zwei Dinge
entgegensetzen:

  1. Ein klares Bekenntnis zur Solidarität und gegen das Ausspielen verschiedener Gruppen gegeneinander. Jeder Mensch in Deutschland hat das Recht auf notwendige gesundheitliche Versorgung, niemand darf dabei diskriminiert werden!
  2. Gemeinsame Lösungen für einen diskriminierungsfreien und gerechten Zugang zum Gesundheitssystem. Barrierefreiheit in der Gesundheitsversorgung kommt allen zugute, nicht nur marginalisierten Bevölkerungsgruppen. Unser Netzwerk vereint Expert*innen unterschiedlicher Fachgebiete, die konkrete Vorschläge und Forderungen für notwendige Verbesserungen im Gesundheitswesen haben.

Die wichtigsten Forderungen auf einen Blick:

  • Ein einheitliches Krankenversicherungssystem, das alle in Deutschland lebenden
    Menschen einschließt, bedarfsgerecht versorgt und das durch alle nach ihren
    Möglichkeiten sozial gerecht und nachhaltig finanziert wird
  • Multiprofessionelle Primärversorgung (verschiedene Gesundheitsdienste unter
    einem Dach) – wohnortnah, niedrigschwellig und bedarfsgerecht
  • Barrierefreie Praxen und Krankenhäuser; für alle verständliche Informationen, auch in einfacher Sprache und Gebärdensprache
  • Transparente und gerechte Terminvergabesysteme
  • Bedarfsplanung, die sozioökonomische Faktoren stärker in den Blick nimmt
  • Gemeinwohlorientierte, miteinander verzahnte ambulante und stationäre Gesundheitsversorgung, inkl. Notfallversorgung
  • Verstetigte und ausreichend finanzierte niederschwellige gesundheitliche und psychosoziale Versorgungsangebote für marginalisierte Bevölkerungsgruppen mit spezifischen Bedarfen (z. B. geflüchtete, von Gewalt betroffene oder wohnungslose Menschen)
  • Stärkere Berücksichtigung von Prävention und Gesundheitsförderung sowie(psycho)sozialen Faktoren im Gesundheitswesen
  • Flächendeckend qualifizierte Sprachmittlung in der Gesundheitsversorgung
  • Anti-Diskriminierungstrainings und Entwicklung von diversitätsorientierter Kompetenz in der Aus- und Fortbildung für Gesundheitsberufe sowie die Verankerung in Curricula und institutionellen Strukturen
  • Lob- und Beschwerde-Strukturen zur Meldung von Diskriminierungsvorfällen in Versorgungseinrichtungen sowohl für Gesundheitspersonal als auch Patient*innen

Als Initiative Gesundheit Unteilbar fordern wir, dass die politische Debatte sich
wieder darum dreht, wie gesundheitliche Versorgung wirklich für alle verbessert
werden kann.

Kontakt

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir sind für Sie da.

Dr. Johanna Offe, Leitung Advocacy.

Dr. Johanna Offe

Leitung Advocacy

Tel: + 49 3026557772

E-Mail: johanna.offe@aerztederwelt.org

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