Ein Mitarbeiter von Ärzte der Welt steigt in einen Rettungswagen.

Medizinische Notfallversorgung sicherstellen

Petition an den deutschen Bundestag

Wir fordern den deutschen Bundestag auf, den Zugang zur medizinischen Notfallversorgung für Menschen ohne Krankenversicherungsschutz im Rahmen der geplanten Notfallreform zu verbessern.

Dies erfordert:

  • Die Überarbeitung der Nothelfer-Paragrafen § 6a AsylbLG und § 25 SGB XII
  • Die Einrichtung eines Härtefallfonds aus Bundes- und Landesmitteln
  • Die Verfügbarkeit von Sprachmittlung in der medizinischen Notfallversorgung

Begründung

Menschen ohne Krankenversicherungsschutz – insbesondere Personen ohne gültige
Aufenthaltspapiere, aber auch viele wohnungslose Menschen und EU-Bürger:innen – haben keinen Zugang zu regulärer Gesundheitsversorgung. Folglich bleibt in vielen Fällen nur die medizinische Versorgung im Notfall.

Berichten von Anlauf- und Beratungsstellen zufolge kommt es jedoch immer wieder vor, dass Hilfesuchende, die keinen Krankenversicherungsschutz nachweisen können, in Notaufnahmen bereits vor einer qualifizierten Ersteinschätzung abgewiesen werden. Oft ist die Verständigung durch Sprachbarrieren erschwert und eine Sprachmittlung nicht
verfügbar.

Eines der zentralen Probleme ist, dass die rechtlichen Regelungen, über die Krankenhäuser ihre Aufwendungen erstattet bekommen können, in der Praxis nicht funktionieren. Nach § 6a AsylbLG und § 25 SGB XII werden die Aufwendungen des hilfeleistenden Krankenhauses in gebotenen Umfang durch den zuständigen Träger des
Asylbewerberleistungsgesetzes bzw. der Sozialhilfe erstattet, wenn Leistungen im Eilfall erbracht wurden. Die Durchsetzung dieser Ansprüche ist jedoch kaum möglich: Die Beweislast über die Hilfebedürftigkeit und die Leistungsberechtigung des
Hilfesuchenden liegt beim Krankenhaus und der Zeitraum, für den Behandlungskosten erstattet werden können, endet mit der Information des Sozialamts, auch wenn die Behandlung darüber hinaus andauert.

Den Krankenhäusern entstehen hierdurch jährlich Erlösausfälle in dreistelliger Millionenhöhe. Die Kostenbelastung konzentriert sich vor allem auf Krankenhäuser in
Ballungsgebieten, in der Nähe von Bahnhöfen und in zentralen Stadtteilen sowie auf engagierte Krankenhäuser, die diese Versorgung aus humanitärem Selbstverständnis leisten – oft ohne Aussicht auf Erstattung. Auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft
setzt sich seit Jahren mit Nachdruck für eine Überarbeitung der rechtlichen Regelungen ein, wie zum Beispiel aus ihrer Stellungnahme zum KHVVG vom April 2024 sowie aus der Stellungnahme zum KHAG vom Oktober 2025 ersichtlich wird.

Forderungen

Überarbeitung der Nothelfer-Paragrafen § 6a AsylbLG und § 25 SGB XII

Die bestehenden rechtlichen Regelungen in § 6a AsylbLG und § 25 SGB XII sind so zu überarbeiten, dass sie die praktische Durchsetzbarkeit der Nothelferansprüche von Krankenhäusern ermöglichen. Die Erstattung soll den gesamten Zeitraum der erbrachten Nothilfeleistungen umfassen – nicht nur bis zur Information des Sozialamts. In medizinisch unabweisbaren Notfällen soll die Hilfebedürftigkeit und Leistungsberechtigung zugunsten des Krankenhauses bzw. Leistungserbringers
regelhaft vermutet werden.

Einrichtung eines Härtefallfonds aus Bundes- und Landesmitteln

Es ist ein Härtefallfonds aus Bundes- und Landesmitteln einzurichten, der die
Kommunen bei der Finanzierung der Notfallbehandlung von Menschen ohne
Krankenversicherungsschutz unterstützt.

Verfügbarkeit von Sprachmittlung in der medizinischen Notfallversorgung

Darüber hinaus ist sicherzustellen, dass in Notaufnahmen und Integrierten
Notfallzentren, bei Leitstellen und Notrufnummern Sprachmittlungsmöglichkeiten –
auch in digitaler oder telefonischer Form – zur Verfügung stehen, um Sprachbarrieren wirksam abzubauen.

Formulierungsvorschlag

Um der besonderen Situation der medizinische Nothilfe Rechnung zu tragen, die oft mit hohen Kosten einhergeht, wird vorgeschlagen, einen neuen zweiten Absatz wortgleich in
§ 6a AsylbLG und § 25 SGB XII einzufügen:

§ 6a AsylbLG Erstattung von Aufwendungen anderer

(1) Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Leistungen nach den §§ 3, 4 und 6 nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger des Asylbewerberleistungsgesetzes beantragt wird.

(2) In medizinischen Notfällen sind dem Leistungserbringer die Aufwendungen, die ihm während des gesamten Behandlungszeitraumes entstehen, zu erstatten. Die Hilfebedürftigkeit und die Leistungsberechtigung des Patienten wird zugunsten des Leistungserbringers vermutet.

§ 25 SGB XII Erstattung von Aufwendungen anderer

(1) Hat jemand in einem Eilfall einem Anderen Leistungen erbracht, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, sind ihm die Aufwendungen in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Dies gilt nur, wenn die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim zuständigen Träger der Sozialhilfe beantragt wird.

(2) In medizinischen Notfällen sind dem Leistungserbringer die Aufwendungen, die ihm während des gesamten Behandlungszeitraumes entstehen, zu erstatten. Die Hilfebedürftigkeit und die Leistungsberechtigung des Patienten wird zugunsten des Leistungserbringers vermutet.

Kontakt

Haben Sie Fragen oder Anmerkungen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir sind für Sie da.

Janina Gach, Advocacy

Janina Gach

Referentin Advocacy

Tel: +49 (0)30 26 55 77 92

E-Mail: janina.gach@aerztederwelt.org

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