Jetzt Spenden

Projektion im Berliner Regierungsviertel. Foto: Pedro Becerra

Protest in Berlin: Projektionen gegen §87 AufenthG

 

Protest in Berlin: Projektionen gegen §87 AufenthG

Mit Projektionen an prominenten Gebäuden kritisiert Ärzte der Welt, dass die deutsche Gesetzgebung Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus ihr Grundrecht auf Gesundheitsversorgung verwehrt.

"§ 87 gefährdet die Gesundheit meines Babys" und: "Gesundheit ist ein Menschenrecht. Mir bleibt es verwehrt." - In großen Buchstaben prangten diese Botschaften in der Nacht zum Donnerstag an einem Parlamentsgebäude und einer Hauswand neben dem Berliner Fernsehturm. Die Gesichter der abgebildeten Frauen waren durch Schatten unkenntlich gemacht, aber ihre Botschaften waren unübersehbar. Auch vor dem Bundeskanzleramt und dem Innenministerium leuchteten sie auf LED-Fahrrädern.

Zu Beginn der Sondierungsgespräche will Ärzte der Welt mit der Aktion den Druck auf die Parteien der zukünftigen Bundesregierung erhöhen, einen Missstand aus dem Weg zu räumen, der Hunderttausende in Deutschland am Zugang zu medizinischer Versorgung hindert. Die Folgen: unentdeckte Covid-19-Infektionen, unbehandelte chronische Erkrankungen, Schwangere, die nicht zur Vorsorgeuntersuchung können, Kinder ohne Zugang zu medizinischer Grundversorgung. Denn der Paragraf 87 des Aufenthaltsgesetzes schließt Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus in Deutschland de facto von der Gesundheitsversorgung aus. Er verpflichtet Mitarbeitende des Sozialamts, sie umgehend an die Ausländerbehörde zu melden, wenn sie eine Kostenübernahme für medizinische Leistungen beantragen. Aus der begründeten Angst vor einer Abschiebung, vermeiden Betroffene es in der Regel, sich ärztlich behandeln zu lassen. Dabei haben auch sie einen gesetzlichen Anspruch auf medizinische Grundversorgung und die Bundesregierung hat sich in verbindlichen internationalen Menschenrechtsverträgen verpflichtet, allen in Deutschland Zugang zu einer angemessenen Gesundheitsversorgung zu gewährleisten. 2018 forderte der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte die Bundesregierung auf, das Gesetz zu ändern, so dass auch Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus Gesundheitsdienste in Anspruch nehmen können.

Ein Bündnis von über 80 zivilgesellschaftlichen Organisationen hat die Kampagne #GleichBeHandeln ins Leben gerufen, die die Einschränkung der Übermittlungspflicht für den Gesundheitsbereich fordert (www.gleichbehandeln.de). Im Rahmen dieser Kampagne veranstaltete Ärzte der Welt vom 4. bis 8. Oktober eine Aktionswoche in Berlin. Mit Lichtinstallationen, LED-Fahrrädern, Plakaten und Posts in den sozialen Medien will die NGO dem Thema mehr Aufmerksamkeit verschaffen und Unterstützer*innen mobilisieren. Der Film gibt einen Einblick in die Aktionswoche:

Bereits vor der Wahl hatte Ärzte der Welt die größeren Parteien unter anderem gefragt, ob und wie sie den Zugang zu Gesundheitsversorgung für Menschen ohne geregelten Aufenthaltsstatus sicherstellen wollen. Die Antworten auf diesen und andere Wahlprüfsteine sind hier nachzulesen.