Unsere Hilfe in Afrika Zwischen Nothilfeprojekten und langfristigem Wiederaufbau
Es ist unmöglich, die humanitäre Lage in Afrika zu erfassen, ohne die Vielfalt des riesigen Kontinents zu berücksichtigen. Die Situation unterscheidet sich erheblich von Region zu Region und sogar zwischen städtischen und ländlichen Gebieten. Daher ist unsere Hilfe auf die jeweilige Situation in den Gebieten ausgerichtet, in denen wir tätig sind. Dennoch finden unsere Teams teils ähnliche Herausforderungen vor, wie etwa die Folgen der Klimakrise, politische Spannungen, Fluchtbewegungenoder die Gefährdung der Zivilbevölkerung durch bewaffnete Konflikte.
Wir helfen in mehreren afrikanischen Ländern und leisten humanitäre Hilfe, Entwicklungszusammenarbeit sowie Notfallhilfe in akuten Krisen. Mit ausgewählten Partnern bieten wir den Menschen medizinischeund psychologische Versorgungan. Wir bilden Personal aus, sensibilisieren die Bevölkerung und versuchen, durch den Aufbau von langfristigen Strukturen die Versorgung nachhaltig zu verbessern. Unser Fokus liegt dabei auf der Hilfe für Frauen und Kinder sowie Risikogruppen.
Versorgung in strukturschwachen Regionen
Während in Äthiopien in den größeren Städten oft eine gute Versorgung angeboten wird, sind große Landstriche unterversorgt, wie etwa die Somali-Region im Osten des Landes. Ärzte der Welt ist deshalb genau dort aktiv, um zusammen mit Kooperationspartnern die Gesundheitsversorgung zu verbessern.
Auch in der Zentralafrikanischen Republik sind wir in einer Gegend präsent, in der die Menschen sonst keinerlei medizinische Versorgung hätten: 2020 hatte Ärzte der Welt in der Stadt Bouca im Norden ein neues Nothilfeprojekt gestartet. In dieser Region halten sich besonders viele Vertriebene auf, der humanitäre Bedarf ist enorm. Bisher war dort kein anderer medizinischer Akteur tätig.
Flucht im eigenen Land und Migration
Die Teams von Ärzte der Welt sind auch und gerade in Ländern aktiv, in denen die Menschen wegen gewaltsamer Konflikte und unsicheren Lebensbedingungen zur Flucht gezwungen sind. Zwei Beispiele:
Demokratische Republik Kongo
Seit Ende 2024 rückt die bewaffnete M23-Miliz mit ungeahnter Gewalt in den Osten des Landes vor. Die humanitären Folgen sind verheerend: Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. Allein in den drei Monaten 2025 sind über 500.000 Menschen im eigenen Land vertrieben worden. Trotz der immensen Herausforderungen ist Ärzte der Welt in derDemokratischen Republik Kongo weiter aktiv. Unsere Ambulanzfahrzeuge bringen medizinische Hilfe zu Vertriebenen, während wir gleichzeitig Krankenhäuser in Nord- und Süd-Kivu unterstützen.
Südsudan
Auch die dauerhaft politische Instabilität und die unvorstellbare Gewalt im Sudan und Südsudan zwingt Abertausende zur Flucht. Die Menschen versuchen, entweder im eigenen Land als sogenannte Binnengeflüchtete oder intern Vertriebene Schutz zu finden, oder weichen in andere Länder, wie etwa Äthiopien aus.
In Äthiopienin der Somali-Region bietet Ärzte der Welt in Gesundheitsstationen eine medizinische Grundversorgung an, mit einem Fokus auf Mutter-Kind-Versorgung und sexueller und reproduktiver Gesundheit (SRH) speziell für Schwangere, Gebärende und stillende Mütter mit ihren Babys. Denn die trockene Region ist besonders von der Klimakrise betroffen. Monatelange Dürren lassen die Tiere verenden und Felder verdorren. Die Folgen sind Mangel- und Unterernährung, eine Gefahr gerade für Schwangere, Stillende, Babys und Kleinkinder. Wir statten unter anderem Gesundheitsstationen aus, bilden Mitarbeitende und Hebammen weiter und informieren über unsere Gemeindemitarbeiter*innen die Bevölkerung vor Ort zu Gesundheitsthemen. Dank dieser Bemühungenkonnten Todesfälle während der Geburt deutlich reduziert und im Jahr 2022 ganz verhindert werden.
Interview mit Melaku Mickael Kibru, Fahrer für Ärzte der Welt in Äthiopien:
Die Menschen in Nigerialeiden unter der Gewalt mehrerer Terrorgruppen, unter anderem der Boko Haram. Trotz aller Schwierigkeiten konnten wir in den Flüchtlingscamps von Maiduguri und Damboa im nördlichen Bundesstaat Borno fünf Kliniken aufbauen. Hier bekommen Geflüchtete wie Einheimische eine kostenlose medizinische Grundversorgung von der Schwangerschaftsvorsorge über medizinische Konsultationen bis hin zu psychosozialer Unterstützung.
In Elweyne herrschte lange Zeit Skepsis gegenüber Geburten in Gesundheitseinrichtungen – besonders unter religiösen Führern. Einer von ihnen riet Frauen in seiner Gemeinde davon ab, medizinische Hilfe während der Geburt in Anspruch zu nehmen.
Als bei seiner eigenen Frau, Aayana Fahra, die Wehen einsetzten, …
In Elweyne herrschte lange Zeit Skepsis gegenüber Geburten in Gesundheitseinrichtungen – besonders unter religiösen Führern. Einer von ihnen riet Frauen in seiner Gemeinde davon ab, medizinische Hilfe während der Geburt in Anspruch zu nehmen.
Als bei seiner eigenen Frau, Aayana Fahra, die Wehen einsetzten, blieb er seiner Überzeugung treu: Sie sollte zu Hause entbinden. Doch nach 2 Tagen Wehen, wurde die Lage lebensbedrohlich. Jetzt entschloss er sich, sie ins nächste Health Center zu bringen.
Dort reagierte das Team schnell. Die Hebamme führte eine Untersuchung und einen Ultraschall durch – das Ergebnis: Aayana Fahra benötigte einen Kaiserschnitt. Ärzte der Welt übernahm sofort die Organisation des Nottransports ins Krankenhaus in Gode. Treibstoff und Tagegeld wurden bereitgestellt, damit Mutter und Kind die notwendige Versorgung erhalten konnten.
Aayana Fahra und ihr Baby überlebten. Ihr Mann kehrte später ins Gesundheitszentrum zurück. Tief bewegt bedankte er sich beim Team und sprach offen über seine geänderte Haltung: Gesundheitszentren retten Leben – auch das seiner Familie.
Aayana Fahra bedankte sich bei Ärzte der Welt und begann, andere Frauen zu ermutigen, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Der Fall wurde zum Wendepunkt, nicht nur für eine Familie, sondern für die gesamte Gemeinde.
*Name geändert. Foto: Symbolbild
Flucht vor dem Terror: Arzt in Nigeria berichtet
Ärzte der Welt
„Als ich einmal durch das Camp ging, sah ich einen 12-jähriges Kind mit einer offenen Fraktur. Es hatte sechs Monate lang im Bett gelegen und war schwer unterernährt. Wir konnten ihn retten – heute winkt er mir jedes Mal zu, wenn er mich sieht.“
Dr. Vincent Faboya Oluemi ist Arzt im Bundesstaat Borno, …
„Als ich einmal durch das Camp ging, sah ich einen 12-jähriges Kind mit einer offenen Fraktur. Es hatte sechs Monate lang im Bett gelegen und war schwer unterernährt. Wir konnten ihn retten – heute winkt er mir jedes Mal zu, wenn er mich sieht.“
Dr. Vincent Faboya Oluemi ist Arzt im Bundesstaat Borno, Nordost-Nigeria, wo bewaffnete Konflikte und Terrorgruppen wie Boko Haram viele Menschen zur Flucht zwingen. Er arbeitet in einem Camp für Binnenvertriebene in Damboa – unter schwierigen Bedingungen. Die Nachfrage ist hoch: Bereits am frühen Morgen bilden sich lange Schlangen vor der Klinik, und das medizinische Personal behandelt täglich über 50 Patient*innen.
Neben der akuten Versorgung sind Hygieneprobleme und Infektionskrankheiten wie Cholera große Herausforderungen. Dank einer Impfkampagne 2018 konnten die Krankheitsfälle deutlich reduziert werden. „Das war ein großer Erfolg für uns“, sagt Dr. Oluemi.
Foto: Symbolbild
Mosambik
Geburtshilfe im Sturm: Klimawandel trifft Mosambik
„Als der Sturm kam, war das halbe Gesundheitszentrum eingestürzt. Eine Frau lag in den Wehen. Wir brachten sie erst unter einen Baum, aber auch dort war es zu gefährlich. Schließlich fanden wir eine geschützte Ecke. Dort brachte sie ihr Kind gesund zur Welt.“
Ana Paula ist Krankenschwester und …
„Als der Sturm kam, war das halbe Gesundheitszentrum eingestürzt. Eine Frau lag in den Wehen. Wir brachten sie erst unter einen Baum, aber auch dort war es zu gefährlich. Schließlich fanden wir eine geschützte Ecke. Dort brachte sie ihr Kind gesund zur Welt.“
Ana Paula ist Krankenschwester und Hebamme in Mosambik. Im März 2019 erlebte sie den Zyklon Idai hautnah – einen der schwersten Wirbelstürme in der Geschichte des Landes. Windgeschwindigkeiten von bis zu 230 km/h zerstörten ganze Regionen. In der Geburtsstation, in der sie arbeitete, suchten viele Menschen Schutz, darunter Schwangere und Kranke.
Die Geschichte ist ein Beispiel dafür, wie der Klimawandel Gesundheitsarbeit in besonders verletzlichen Regionen direkt beeinflusst und wie wichtig gut vorbereitete Gesundheitsteams sind.
Mein Name ist Djamila Mohamed und ich habe vor zwei Monaten im örtlichen Gesundheitszentrum entbunden. Ich werde nie den Unterschied vergessen, der durch die Unterstützung von Ärzte der Welt zustande kam.
Bevor Ärzte der Welt hier zu arbeiten begannen, waren die Bedingungen nicht gut. Früher gab es kaum Betreuung und ich fühlte mich unsicher. Jetzt …
Mein Name ist Djamila Mohamed und ich habe vor zwei Monaten im örtlichen Gesundheitszentrum entbunden. Ich werde nie den Unterschied vergessen, der durch die Unterstützung von Ärzte der Welt zustande kam.
Bevor Ärzte der Welt hier zu arbeiten begannen, waren die Bedingungen nicht gut. Früher gab es kaum Betreuung und ich fühlte mich unsicher. Jetzt ist alles anders: Die Versorgung hat sich spürbar verbessert. In der letzten Schwangerschaft bin ich gerne regelmäßig zur Vorsorge im Zentrum gegangen. Jedes Mal wurde ich gründlich untersucht, mein Blutdruck gemessen, ich bekam sogar einen Ultraschall. Ich fühlte mich sicher und ernst genommen.
Nach der Entbindung wurde ich im Wochenbettzimmer betreut. Das Team war die ganze Nacht über bei mir, beobachtete meine Werte und versorgte mein Baby direkt nach der Geburt mit den nötigen Impfungen. Ich bekam kostenlose medizinische Hilfe, ein Mama-Kit und sogar Lebensmittelunterstützung.
Mein Baby hat inzwischen schon zwei Impfungen bekommen. Da es in unserer Gemeinde bereits Masernausbrüche gab, weiß ich, wie wichtig das ist.
Ich weiß, dass nicht jede Mutter so viel Glück hat. Ich bete, dass mehr Mütter Zugang zu der gleichen Vorsorge haben, damit jedes Kind sicher geboren werden kann und jede Mutter die Unterstützung erhält, die sie braucht.
Um sich ein genaues Bild von unserer Arbeit in der äthiopischen Somaliregion zu machen, war Ärzte der Welt-Pressereferentin Stephanie Kirchner dort für uns unterwegs. Hier berichtet sie von ihren Eindrücken. Tag 1Ankunft in Jijiga…
Geke Kieft leitet unsere Projekte in Äthiopien. Sie kennt die Situation im Land seit Jahren. Im Gespräch berichtet sie von den Hürden, mit denen die Ärzte der Welt-Teams bei der Versorgung von Müttern…
Die Zentralafrikanische Republik ist eines der ärmsten Länder der Welt. Knapp doppelt so groß wie Deutschland, wohnen dort nur etwa sechs Millionen Menschen, und weite Gegenden sind kaum erschlossen. Regional eine funktionierende Gesundheitsversorgung…
Entwicklungszusammenarbeit, früher auch als Entwicklungshilfe bezeichnet, ist das gemeinsame Bemühen von Ländern aus dem globalen Süden und dem globalen Norden, Unterschiede in der sozioökonomischen Entwicklung und in den allgemeinen Lebensbedingungen dauerhaft und nachhaltig abzubauen sowie für eine möglichst große Anzahl der Menschen stetig zu verbessern. Grundprinzip dieser Zusammenarbeit im Sinne einer globalen Entwicklung ist die sogenannte Hilfe zur Selbsthilfe. Entwicklungszusammenarbeit dient nicht der kurzfristigen Hilfe, sondern ist auf mehrere Jahre angelegt.
Nothilfe zielt darauf ab, Menschen, die etwa von Naturkatastrophen, Krieg oder Epidemien betroffen sind, das kurz- und mittelfristige Überleben zu sichern. Humanitäre Nothilfe beinhaltet beispielsweise die Lieferung von Nahrung, Medikamenten, Zelten oder Präventionsmaßnahmen gegen die Ausbreitung von Krankheiten. Nothilfe bezieht sich meist auf einen Zeitraum von bis zu drei Jahren und kann eine Vorstufe der Entwicklungszusammenarbeit sein. Die Übergänge sind hierbei fließend. Erfahren Sie mehr über unsere Nothilfeprojekte hier.
Menschen, die aufgrund von Verfolgung, gewaltsamen Konfliten oder Naturkatastrophen innerhalb ihres Landes fliehen müssen, werden oft Binnengeflüchtete, Binnenflüchtlinge oder intern Vertriebene genannt. Der englische Ausdruck ist „internally displaced persons“, IDP.
Die Gesundheit von Frauen und Kindern verbessern und ihre Rechte stärken.