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Nobelpreisträger Denis Mukwege

Wege aus der Hölle

Wege aus der Hölle

 

Der Chirurg und Friedensnobelpreisträger Denis Mukwege hat es sich zur Lebensaufgabe gemacht, Überlebende sexueller Gewalt im Kongo zu heilen und sie dabei zu unterstützen, den Weg zurück in die Gemeinschaft zu finden. Dabei findet ein großer Teil der Arbeit von Dr. Mukwege und seinem Team außerhalb des Krankenhauses statt.

„Ein kleiner Junge von sieben Jahren ist zu mir gekommen und hat geweint. Er sagte mir: ‚Ich will nicht zurückkehren. Ich will nicht zurück in die Hölle.’ Seine Mutter war in dem kleinen Zelt, in dem sie wohnten, wieder und wieder vergewaltigt worden – vor seinen Augen.“ Die Geschichten, die der Chirurg und Friedensnobelpreisträger Dr. Denis Mukwege bei einer Veranstaltung Ende November in Berlin erzählt, sind schwer zu ertragen. Er zeichnet das Bild von einem Land, in dem sexuelle Gewalt systematisch als Kriegswaffe eingesetzt wird, in dem fast die gesamte Gesellschaft direkt oder indirekt traumatisiert ist.

Mukwege weiß, wovon er spricht. In dem von ihm gegründeten Panzi-Krankenhaus operiert er unter anderem Frauen, deren Genitalien durch brutale Vergewaltigungen verstümmelt worden sind. Über 50.000 Überlebende sexueller Gewalt haben er und sein Team seit 1999 behandelt. Die jüngste seiner Patientinnen, so Mukwege, sei ein Baby im Alter von gerade einmal sechs Monaten gewesen, die älteste über 80. Täglich kommen fünf bis sechs Betroffene in die Sprechstunde.

Nach der Operation werden die Frauen im Krankenhaus dabei unterstützt, sich nicht nur medizinisch, sondern auch psychisch zu erholen. Dr. Mukweges Team bietet ihnen zudem kostenfreie juristische Hilfe an und unterstützt ihre wirtschaftliche und soziale Wiedereingliederung. Die Frauen können unter anderem an Alphabetisierungskursen, Handwerkstrainings oder Musikunterricht teilnehmen. Ein internes Referenzsystem sorgt dafür, dass sie nicht mehrfach erzählen müssen, was ihnen widerfahren ist.

Das Stigma durchbrechen 

Die Rückkehr nach Hause ist für die Überlebenden sexueller Gewalt oft schwierig, denn sie werden häufig stigmatisiert oder gar aus der Gemeinschaft ausgeschlossen. Dazu kommt, dass rund 17 Prozent der vergewaltigten Frauen im Ostkongo ungewollt schwanger werden. Diese Kinder werden als Schlangenkinder bezeichnet und von vielen Familien abgelehnt.

„Ich erinnere mich an eine Frau, die von ihrem Vergewaltiger schwanger geworden ist. Er hatte auch ihren Mann und die jüngeren Kinder ermordet,“ berichtet Mukwege. „Die älteren Kinder verwehrten es ihr, mit dem Baby des Mörders nach Hause zu kommen. ‚Kommt nicht in Frage’ haben sie gesagt.“

Die Betreuung ist daher nicht auf die Dauer des Krankenhausaufenthaltes beschränkt, Mukweges mobile Teams gehen auch in die Gemeinden und stehen den Frauen dort zur Seite. Die Hoffnung ist, das aus ihrem Leid etwas Positives entsteht, indem sie dazu beitragen, das Stigma zu durchbrechen.

Ärzte der Welt ist stolz, zu den zahlreichen Partnerorganisationen von Dr. Mukwege zu gehören und mit ihm gemeinsam das Programm zur Unterstützung von Überlebenden sexueller Gewalt entwickelt zu haben.

Hintergrund: In der kongolesischen Provinz Süd-Kivu kämpfen seit vielen Jahren unterschiedliche bewaffnete Gruppen gegeneinander. Grausame Vergewaltigungen, zum Beispiel durch Milizen, Rebellen oder ehemalige Kindersoldaten, sind dabei eine weit verbreitete Praxis. Um Gegner besonders schwer zu treffen, werden diese häufig in Gruppen und der Öffentlichkeit begangen. So werden nicht nur die Frauen, die ihnen zum Opfer fallen, sondern auch deren Familien oder andere Zeugen traumatisiert. Der Friedennobelpreisträger Dr. Denis Mukwege ist jedoch überzeugt, dass die Ursache der Gewalt nicht in sogenannten Stammeskämpfen, sondern in der seit der belgischen Kolonialzeit andauernden rücksichtlos und brutal betriebenen Ausbeutung von Rohstoffen und Arbeitskräften liegt. Damals ging es vor allem um Kautschuk, heute um begehrte Mineralien für die Mobiltelefone und Elektrofahrzeuge des globalen Nordens.

 

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Nobelpreis 2018: Mother Dearest, Panzi Krankenhaus, Kongo
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