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Johanna Offe spricht auf dem Kongress Armut und Gesundheit. Foto: Ärzte der Welt

Kongress Armut und Gesundheit 2019: Weniger „an den Leuten herumfummeln“

Kongress Armut und Gesundheit 2019: Weniger „an den Leuten herumfummeln“

 

Sport machen, nicht rauchen, viel Gemüse essen: Politiker stellen es gern so dar, als wäre jeder selbst für seine Gesundheit verantwortlich. Welche Faktoren eine größere Rolle spielen und wie Politik gesundheitsfördernde Bedingungen schaffen kann, haben Teilnehmer*innen des Kongresses Armut und Gesundheit in Berlin diskutiert.

Weniger „an den Leuten selbst herumfummeln“ und stärker die gesellschaftlichen Verhältnisse in den Blick nehmen – dazu rief Stefan Sell von der Hochschule Koblenz gleich zu Beginn des Kongresses Armut und Gesundheit am 14. und 15. März in Berlin auf. Denn, so Sell, Einkommen und sozialer Status haben mit 40 Prozent den größten Einfluss auf die Gesundheit eines Menschen. Das eigene Verhalten trägt nur 30 Prozent dazu bei.

Zudem erkranken sozial benachteiligte Menschen nach wie vor häufiger, schwerer und sterben durchschnittlich früher, wie Thomas Lampert vom Robert-Koch-Institut auf der Kongress-Pressekonferenz berichtete. Auch ihre Gesundheitsversorgung ist in Deutschland unzureichend. So lebten laut der Ärzte der Welt-Inlandsexpertin Carolin Bader 96 Prozent der Patient*innen, die 2017 in unseren Anlaufstellen in München, Berlin und Hamburg Hilfe gesucht haben, unterhalb der Armutsgrenze. Jede*r Zweite von ihnen hatte schon einmal aufgrund der zahlreichen existierenden Barrieren darauf verzichtet, zum Arzt zu gehen, obwohl er oder sie krank war. Häufige Gründe sind zum Beispiel Angst vor hohen Kosten oder bürokratische Schwierigkeiten.

Als „Skandal“ bezeichnete vor diesem Hintergrund Ärzte der Welt-Referentin Johanna Offe die Reaktion von Gesundheitsminister Jens Spahn auf die Kritik des UN-Sozialausschusses. Dieser hatte die Bundesregierung aufgefordert, Versorgungslücken zu schließen. Von Journalisten darauf angesprochen, antwortete das Ministerium, die Kritik sei „nicht nachvollziehbar“ und entbehre jeder Grundlage. Die hohen Patient*innenzahlen nicht-staatlicher Angebote wie etwa von Ärzte der Welt belegen hingegen den dringenden politischen Handlungsbedarf. „Staatliche Institutionen sind Pflichtenträger,“ erinnerte Offe.

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