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Demo zu einer Anhörung im Bayeriscchen Landtag im November 2022. Foto: Ärzte der Welt

Was planen die bayerischen Parteien?

Was planen die bayerischen Parteien?

 

Am 8. Oktober ist Landtagswahl in Bayern. Was genau planen die bayerischen Parteien zur Gesundheitsversorgung? Ärzte der Welt hat den Parteien im Vorfeld der Wahl auf den Zahn gefühlt und ihnen sechs Fragen, sogenannte Wahlprüfsteine, geschickt. Folgende Antworten haben wir erhalten.

Unsere detaillierten Forderungen an die Politik zum Thema bayernweite Clearingstellen und die elektronische Gesundheitskarte finden Sie im Anschluss an die Wahlprüfsteine.

Wahlprüfstein 1

Wird sich ihre Partei für den Aufbau eines Netzwerks an Clearingstellen für Gesundheit (nach dem Vorbild der Münchner Clearingstelle Gesundheit) und die Etablierung eines öffentlich finanzierten landesweiten anonymen Behandlungsscheins einsetzen, um die Gesundheitsversorgung für ALLE zu verbessern?

 

GRÜNE

Der Zugang zu Gesundheitsversorgung ist ein Menschenrecht. Wir GRÜNE wollen, dass alle in Deutschland lebenden Menschen ärztliche Hilfe aufsuchen können, unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus oder ob sie derzeit über eine Krankenversicherung verfügen oder nicht. Um schnelle Hilfe sicherzustellen, setzen wir uns für den Auf- und Ausbau eines Netzwerks an niederschwelligen Beratungs- und Clearingstellen sowie für die Einführung eines anonymen Behandlungsscheins ein, welcher über Beratungsorganisationen unbürokratisch an Betroffene verteilt werden kann. Auch wenn diese Maßnahmen keine abschließende Lösung für die vorherrschenden Probleme und Lücken darstellen, so können sie lokal die Situation aber deutlich verbessern, ehrenamtliche Strukturen entlasten und wären somit ein erster Schritt hin auf dem Weg zu einer Gesundheitsversorgung für alle.

 

FREIE WÄHLER

Trotz der allgemeinen Krankenversicherungspflicht zur Sicherung der gesundheitlichen Versorgung aller Menschen gibt es immer wieder Fälle, in denen Menschen ihren Versicherungsschutz verloren haben, aus verschiedenen Gründen gar nicht erlangt haben oder der Versicherungsschutz unzureichend ist. Clearingstellen für Gesundheit können in solchen Fällen weiterhelfen. Sie sind wichtige Anlaufstellen für Menschen ohne Krankenversicherung oder mit ungeklärtem Versicherungsstatus. Hier finden Betroffene Lösungswege, wie der Zugang zur gesundheitlichen Regelversorgung sichergestellt werden kann. Als FREIE WÄHLER unterstützen wir ihren weiteren Ausbau, um eine gute medizinische Versorgung für alle Menschen sicherzustellen. Vor allem aber sehen wir den Bund in der Pflicht, einen Zugang zur Gesundheitsversorgung für alle Menschen in Deutschland sicherzustellen.

 

SPD

Ja, wir sind für die Errichtung von Clearingstellen, bei denen Betroffene ihren Versicherungsstatus klären können. Wir sind froh, dass das SPD-regierte München hier mit gutem Beispiel voran geht und bereits eine solche Stelle etabliert hat. Wir als SPD wollen, dass Menschen ohne Krankenversicherung bestmöglich versorgt werden. Nicht nur bei akuten Schmerzzuständen oder Unfällen, sondern bspw. auch bei chronischen Erkrankungen. Darüber hinaus sind wir für die Einrichtung eines Fonds, um die notwendige Behandlung bis zur Klärung des unklaren Versicherungsstatus zu finanzieren. Darüber hinaus wollen wir einen schlagkräftigen und modernen Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) für alle schaffen. Der ÖGD braucht mehr Personal, eine einheitliche digitale Ausstattung, neue Kompetenzen und ein zukunftsorientiertes Leitbild. Wir werden den öffentlichen Gesundheitsdienst auf die Reduzierung gesundheitlicher Ungleichheit vor allem durch Gesundheitsförderung und Prävention ausrichten. In sozioökonomisch benachteiligten (Stadt-)Regionen werden wir barrierefreie Gesundheitskioske einrichten. Dort erhalten Interessierte Beratung zu Gesundheitsfragen in mehreren Sprachen, werden mit kooperierenden Ärzt*innen, Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen vernetzt und können an gesundheitsfördernden Programmen teilnehmen.

 

FDP

Wir als Liberale wollen den Ausbau an Clearingstellen für Gesundheit vorantreiben. Bereits in der aktuellen Legislaturperiode hat die FDP-Fraktion einen entsprechenden Antrag für mehr Clearingstellen in Bayern gestellt. Grundsätzlich wollen wir eine gesundheitliche Versorgung für alle Menschen sichern. Deswegen stehen wir der Etablierung eines öffentlich finanzierten landesweiten anonymen Behandlungsscheins in Bayern offen gegenüber und würden hierzu eine Thematisierung mit allen beteiligten Akteuren anregen.

 

CSU

Unser Gesundheitssystem muss als Kernbereich der Daseinsvorsorge den Menschen dienen. Wir stehen für eine sorgende Gesellschaft und ein solidarisches, generationengerechtes, innovatives Gesundheitswesen. Nachhaltige Gesundheitsversorgung heißt für die CSU, eine soziale, ökologische und evidenzbasierte Weiterentwicklung zu gewährleisten. Niemand wird alleingelassen, egal, ob er an einer häufigen oder seltenen Erkrankung leidet. Wir sind uns bewusst: Unser Einsatz für die Gesundheit und die Pflege ist auch ein Einsatz für den Zusammenhalt der Gesellschaft. Unser Ziel ist die Versorgung der Bürgerinnen und Bürger auf dem neuesten Stand der Wissenschaft. In Deutschland ist durch die generelle Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung sichergestellt, dass kraft Gesetzes ein grundsätzlicher Zugang zu einer Absicherung im Krankheitsfall besteht. Dennoch kommt es vor, dass Menschen keinen Versicherungsschutz im Falle von Krankheit besitzen oder die zur Verfügung stehenden Schutzmechanismen nicht in Anspruch nehmen wollen (Wohnungslose, Menschen, die anonym bleiben wollen, oder Personen, die ihre Krankenversicherungsbeiträge nicht bezahlen können, aber keine Sozialleistungen in Anspruch nehmen möchten). Clearingstellen können hier einen wichtigen Beitrag leisten, um Menschen ohne Krankenversicherung zu erreichen und bei der Eingliederung in das „richtige“ Hilfesystem zu unterstützen.

 

Wahlprüfstein 2:

Plant ihre Partei die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für alle Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, um Barrieren und erhöhten Verwaltungsaufwand beim Zugang zu medizinischer Versorgung abzubauen?

 

GRÜNE

Ja. Wir brauchen in Bayern endlich ein einheitliches und effektiveres Vorgehen in den Landkreisen. Wir setzen uns dafür ein, Rahmenvereinbarungen zur Übernahme der Krankenbehandlung für Empfänger*innen von Gesundheitsleistungen nach §§ 4 und 6 des Asylbewerberleistungsgesetzes mit den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen gemäß dem Artikel 11 des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes abzuschließen. Wir wollen, dass Asylbewerber*innen in den Städten und Gemeinden eine elektronische Gesundheitskarte ausgehändigt bekommen, mit der sie ein klar definiertes Spektrum an medizinischen Leistungen in Anspruch nehmen können, ohne vorher beim Sozialamt vorstellig zu werden.

 

FREIE WÄHLER

Als FREIE WÄHLER setzen wir uns für ein unbürokratisches, effizientes Verfahren ein, das die Kommunen möglichst wenig belastet. Derzeit müssen Menschen, die unter das AsylbLG fallen, vor jedem Arztbesuch beim Sozialamt einen Behandlungsschein beantragen. Dies Verfahren ist für alle Betroffenen – Asylbewerber, Kommunen und Ärzte – umständlich und bürokratisch. Insofern halten wir eine Verschlankung des Verfahrens für sinnvoll. Hierbei könnte eine elektronische Gesundheitskarte genutzt werden, auf der das Leistungsspektrum nach AsylbLG gespeichert wird, so dass es nicht zu einer Leistungsausweitung zu Lasten der Solidargemeinschaft der Gesetzlichen Krankenversicherung kommt.

 

SPD

Wir als SPD wollen die elektronische Gesundheitskarte für alle. Wir wollen sowohl die Verwaltung, ebenso wie die Schutzsuchenden selbst, so gut es geht entlasten. Gerade im Zusammenhang mit einer schnellen und sicheren Gesundheitsversorgung von Schutzsuchenden muss man bislang leider feststellen, dass das in Bayern geltende System der Krankenscheine weder die nötige Flexibilität noch schnelles Agieren der Behörden ermöglicht. Die oft bei der Zielgruppe vorhandenen Sprachbarrieren kommen dabei erschwerend hinzu. Bayern sollte sich ein Beispiel an anderen Bundesländern, wie z.B. Berlin nehmen, die bereits ihre Systeme auf so genannten „Gesundheitskarten“ für Geflüchtete umgestellt haben. Diese ermöglichen ein direktes Abrechnen mit den Trägern der Sozialhilfe. Dabei ersetzen sie den Krankenschein und reduzieren den verbundenen Verwaltungsaufwand erheblich. Darüber hinaus ermöglicht der Einsatz von Gesundheitskarten schnelles und notwendiges Handeln in gesundheitlich wichtigen Situationen.

 

FDP

Nein.

 

CSU

Uns als CSU ist es wichtig, dass diejenigen, die in Deutschland Schutz suchen, eine gute medizinische Versorgung erhalten. In den ersten Monaten nach ihrer Ankunft in Deutschland werden Asylsuchende nach dem Asylbewerberleistungsgesetz medizinisch versorgt. Akute Erkrankungen und Schmerzen werden behandelt. Die Patientinnen und Patienten werden mit den notwendigen Arznei- und Verbandmitteln versorgt. Schwangere Frauen und Wöchnerinnen erhalten nach dem Asylbewerberleistungsgesetz die üblichen Untersuchungen zur Vor- und Nachsorge, alle notwendigen ärztlichen und pflegerischen Hilfen und Betreuung, insbesondere die Unterstützung durch Hebammen, sowie notwendige Arznei-, Verband- und Heilmittel. Nach 18 Monaten haben Asylsuchende den gleichen Anspruch auf medizinische Versorgung wie Sozialhilfeempfänger, sodass kein Unterschied mehr zu gesetzlich Versicherten besteht.

 

Wahlprüfstein 3:

Wird sich Ihre Partei dafür einsetzen, dass Angebote zu Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung, z.B. im Rahmen von Gesund.Leben.Bayern, vor allem auch für Menschen in prekären Lebenslagen, ohne Krankenversicherung oder mit Beitragsschulden bei einer Krankenversicherung ausgebaut werden?

 

GRÜNE

Wir GRÜNE wollen, dass alle Menschen in Bayern – unabhängig von ihrer sozialen Lage, ihrem Einkommen oder einer Behinderung – Zugang zu umfassender gesundheitlicher Prävention haben. Deshalb wollen wir Gesundheitsförderung und Prävention als Querschnittsaufgaben in allen Politikbereichen voranbringen. Denn Prävention sichert Lebensqualität und entlastet unser Gesundheitssystem.

 

FREIE WÄHLER

Als FREIE WÄHLER halten wir Prävention für besonders wichtig. Diese sollte im Kindesalter beginnen, an Schulen intensiv weitergeführt werden und auch im Erwachsenenalter angeboten werden. Wir sind der festen Überzeugung, dass sich durch effektive Präventionsmaßnahmen viele Gesundheitsbeeinträchtigungen vermindern oder sogar vermeiden lassen. Insofern sind wir der festen Überzeugung, dass diese Leistungen allen Menschen zur Verfügung stehen müssen.

 

SPD

Wir als BayernSPD wollen eine flächendeckende und gute Gesundheitsversorgung für alle. Prävention ist besonders für Menschen in prekären Lebenslagen wichtig, entsprechende Programme müssen nachhaltig und dauerhaft gefördert werden. Krankheiten zu vermeiden, ist für jeden Einzelnen, aber auch für die Gesellschaft besser, als sie aufwendig und kostenintensiv zu behandeln. Wir setzen uns für eine Gesundheitsversorgung ein, die sich nicht am Profit, sondern am Menschen und am medizinischen Bedarf orientiert. Die bloße Gewinnentnahme privater Betreiber aus Kliniken, Pflegeeinrichtungen und aus medizinischen Versorgungszentren (MVZs) muss strenger reguliert werden. Wir wollen Gewinne aus Gesundheitsdienstleistungen lieber in die Versorgungsqualität und in bessere Arbeitsbedingungen reinvestieren.

 

FDP

Ja, wir als FDP-Bayern, setzen uns dafür ein, dass Angebote zu Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung wie beispielsweise Gesund.Leben.Bayern vor allem auch für Menschen in prekären Lebenslagen, ohne Krankenversicherung oder mit Beitragsschulden bei einer Krankenversicherung ausgebaut werden. Durch den Ausbau von Präventions- und Gesundheitsförderungsprogrammen für benachteiligte Gruppen wird nach unserer Auffassung gesundheitliche Ungleichheiten abgebaut und die Chancengleichheit im Gesundheitsbereich gefördert.

 

CSU

Die Fragen 3 und 5 werden gemeinsam beantwortet.

 

Wahlprüfstein 4:

Plant Ihre Partei die Abschaffung von Anker-Zentren und welche weiteren Maßnahmen plant Ihre Partei, um die gesundheitsgefährdenden Lebensbedingungen zu beenden und die sozialen und medizinischen Versorgungsstrukturen in Geflüchtetenunterkünften zu verbessern?

 

GRÜNE

Ja. Wir wollen, dass Asylverfahren in Deutschland rechtssicher, fair und transparent gestaltet sind und eine Entscheidung in angemessener Zeit erfolgt. Dafür muss die Identifizierung besonderer Schutzbedarfe vor der Anhörung erfolgen. Insbesondere die Berücksichtigung erlittener geschlechtsspezifischer Verfolgung und die dazugehörige Beratung im Asylverfahren sind zu gewährleisten. ANKER-Einrichtungen sollen in Erstaufnahmeeinrichtungen umgewandelt werden und der Aufenthalt dort auf maximal drei Monate gekürzt werden. Danach sollte das dezentrale Wohnen immer Vorrang haben. Dazu werden wir die Psychosozialen Zentren in Bayern ausbauen.

 

FREIE WÄHLER

Wir wollen Asylverfahren deutlich beschleunigen. Verfahren von Menschen aus Herkunftsländern mit sehr geringer Anerkennungsquote sollten innerhalb von Tagen an der Grenze entschieden werden, so dass sich für diese die Frage der Unterbringung gar nicht stellt. Für alle anderen setzen wir uns für eine vorrangige Unterbringung in dezentralen Unterkünften sowie die Unterstützung der Kommunen bei der Schaffung von geeignetem Wohnraum ein. Das entlastet die Gemeinde und vermeidet soziale Spannungen. Die Menschen, die zu uns kommen, haben in ihrem Herkunftsland und auf der Flucht häufig schlimmste physische und psychische Gewalt erlebt. Oftmals sind sie traumatisiert. Insofern halten wir die besondere Unterstützung von Flüchtlingen im Bereich der psychischen Gesundheit für besonders wichtig. Aufgrund des aktuellen Konflikts in der Ukraine und infolge der COVID-19 Pandemie gehen wir von einem erhöhten Bedarf an akuter psychosozialer, psychotherapeutischer bzw. psychiatrischer Versorgung aus sowie von einem mittelfristig hohen Bedarf an psychologischer und sozialer Beratung wie Unterstützung. Als FREIE WÄHLER werden wir uns auch weiterhin für die Stärkung dieser Versorgungsbereiche stark machen.

 

SPD

Wir als SPD wollen die menschenverachtenden Ankerzentren abschaffen. Diese verhindern Integration und machen die nicht selten von der Flucht traumatisierten Menschen zusätzlich krank. Der Schlüssel zu einer gelingenden Integration – die niemals Assimilation bedeuten kann – sind dezentrale Unterbringung und frühzeitiger Spracherwerb. Deutschkurse werden wir daher von Anfang an erteilen, auch wenn der dauerhafte Aufenthalt noch nicht gesichert ist. Die Arbeit, u.a. von ‚refugio‘, im Bereich der psychologischen Betreuung von Geflüchteten wollen wir fördern und weiter ausbauen.

 

FDP

Ja, wir fordern die Abschaffung der Ankerzentren. Bereits in der aktuellen Legislaturperiode hat die FDP-Fraktion zwei Antragspakete in diesem Zusammenhang gestellt. In diesen haben wir die Abschaffung der Anker-Zentren im Allgemeinen gefordert. Weitere Forderungen waren u.a. der verbesserte Gewaltschutz für vulnerable Gruppen, bessere Beschulungsmöglichkeiten der Kinder und Jugendlichen sowie der Ausbau der medizinischen / psychosozialen Betreuung und Versorgung.

 

CSU

In Ankerzentren treffen Gruppen besonders vulnerabler Personen aufeinander, da vielen in ihrer Heimat oder auf der Flucht traumatisierende Erlebnisse widerfahren sind. Gleichzeitig sind sie in einem fremden Land, dessen Sprache sie in der Regel nicht beherrschen. Die Rahmenbedingungen sind demnach äußerst schwierig. Nicht alle Betroffenen sind in der Lage ihre Bedarfe an medizinischer oder auch psychotherapeutischer Unterstützung überhaupt zu äußern. Wir setzen uns dafür ein, dass den Asylsuchenden die notwendige Hilfe entgegengebracht wird. Grundsätzlich ist die medizinische Versorgung durch das Sachleistungsprinzip geregelt. Es werden in den Ankerzentren auch Sprechstunden bei Allgemein- und Fachärzten angeboten. Eine der größten Herausforderungen bei der Behandlung der Asylsuchenden sind die vorhandenen Sprachbarrieren. Nach 18 Monaten haben Asylsuchende den gleichen Anspruch auf medizinische Versorgung wie Sozialhilfeempfänger, sodass kein Unterschied mehr zu gesetzlich Versicherten besteht. Zu unterscheiden ist weiterhin die Situation der ukrainischen Flüchtlinge, die seit dem 1. Juni 2022 Anspruch auf die Leistungen nach SGB II bzw. XII haben - damit besteht der Zugang zum kompletten Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Die CSU steht an der Seite der Mädchen und Frauen, die Opfer von Gewalt wurden, und all jenen, die davon bedroht sind. Ihrem Schutz müssen wir uns als gesamte Gesellschaft verpflichtet fühlen. Deshalb wollen wir auch die Versorgung von Frauen verbessern, die Opfer von Genitalverstümmelung geworden sind – und haben dazu eine entsprechende Landtagsinitiative in der zurückliegenden Legislaturperiode gestartet, die auch an den Schulen oder der Ärzteausbildung ansetzt. Auch haben wir einen Hilfsfonds für von Genitalverstümmelung betroffene Frauen und Mädchen aufgelegt, denn über das Solidarsystem der Krankenversicherung ist nicht alles Notwendige abrechenbar. Der Fonds ist offen auch für Spenden aus privater Hand sein und vor allem die Beratungs- und Versorgungssituation der Betroffenen verbessern.

 

Wahlprüfstein 5:

Welche konkreten Maßnahmen, z.B. Schulungen von Fachkräften, sind von Ihrer Partei vorgesehen, um Diskriminierungen im Gesundheitswesen abzubauen?

 

GRÜNE

Wir GRÜNE treten jeder Form von Diskriminierung klar entgegen und wollen dieser sowie gesellschaftlicher Exklusion und Rassismus auch in der Gesundheitsversorgung gezielt entgegenwirken. Hierzu bedarf es der Bewusstmachung von Diskriminierungsrisiken und des gezielten Abbaus derselben z.B. durch einschlägige Fortbildungen und Aktionstage für alle Gesundheitsberufe und die Schulung der interkulturellen Kompetenzen schon während des Studiums oder der Ausbildung. Neben der notwendigen Qualifizierung des Fachpersonals braucht es den flächendeckenden Ausbau und die Verfügbarkeit von Sprachmittler*innen im Gesundheitsbereich sowie Veränderungen in der Organisationsstruktur z.B. von Kliniken, welche strukturelle Diskriminierung begünstigen. Mit uns gibt es zudem ein Landes-Antidiskriminierungsgesetz und eine Bayerische Antidiskriminierungsstelle.

 

FREIE WÄHLER

Sprachliche Barrieren erschweren für viele Flüchtlinge die Inanspruchnahme erforderlicher medizinischer Leistungen. Schulungen für Fachkräfte sind insofern begrüßenswert, allein aber unseres Erachtens nicht ausreichend. Globale Krisen und folgende Flüchtlingsströme können sich schneller entwickeln als neue Sprachen gelernt sind. Aufgrund ihrer Sprachkenntnisse können Flüchtlinge mit medizinischen Kompetenzen daher bei der Versorgung in Erstaufnahmeeinrichtungen eine sehr wichtige Hilfe sein. Deshalb wurde die Möglichkeit geschaffen, dass Asylsuchende mit entsprechender Ausbildung als medizinische Helfer in den Aufnahmeeinrichtungen eingebunden werden können.

 

SPD

Wir als SPD wollen verbindliche Regelungen in denen die spezifische Situation von Menschen unterschiedlichster Herkunft und sexueller Orientierung oder mit Behinderung berücksichtigt wird. Derzeit sind gerade die Angebote der ambulanten und stationären Pflege weitestgehend nicht oder nicht ausreichend für die Lebenswelten z.B. schwuler Männer und lesbischer Frauen oder für Menschen mit Behinderung sensibilisiert. Pflegebedürftige müssen beim Umzug ins Heim oder bei Krankenhausaufenthalten ihr vertrautes Umfeld, in dem sie sich mit ihrem persönlichen Lebensmodell vor Diskriminierung sicher fühlen, verlassen. Hier brauchen wir sensibilisierte Pflegekräfte. Aber auch z.B. Pflegekräfte/Patient*innen anderer Herkunft müssen vor rassistischer Anfeindung geschützt werden. Interkulturelle Kompetenz muss sowohl in der Ausbildung als auch als Weiterbildungsmaßnahme flächendeckend angeboten werden.

 

FDP

Wir als Liberale setzten uns besonders stark gegen Diskriminierung ein. Wir setzen uns für die Sensibilisierung der Fachkräfte im Gesundheitswesen für die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ein. Jeder Mensch hat das Recht auf ein Leben ohne Diskriminierung. Vor allem in Situationen, die den intimsten Lebensbereich betreffen (Arztbesuch, Pflegefall) muss ein diskriminierungsfreier Umgang gesichert werden.

 

CSU

Die Fragen 3 und 5 werden gemeinsam beantwortet.

Auch bei der Gesundheit gilt das Primat der Eigenverantwortung: Eine gesundheitsbewusste Lebensführung ist die wichtigste Voraussetzung zum Erhalt der Gesundheit. Inwieweit Angebote der Prävention genutzt werden, darf gerade nicht vom sozialen Status, von der Bildung oder dem Einkommen des Einzelnen abhängen. Denn durch Prävention, Anreize zur Vorsorge und eine leistungsfähige Rehabilitation lassen sich eine Vielzahl von chronischen Krankheiten und Pflegebedürftigkeit vermeiden. Deshalb wollen wir den Präventionsgedanken in allen Lebenswelten der Menschen stärken. Die Prävention und Gesundheitsförderung weiter voranzutreiben, ist ein zentrales Ziel unserer Gesundheitspolitik. Daher nimmt die „Initiative Gesund.Leben.Bayern.“ eine wichtige Stellung im Bayerischen Präventionsplan des CSU-geführten Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege ein. Die Initiative begleitet Projekte und Maßnahmen für unterschiedliche Zielgruppen und Gesundheitsrisiken. Hier wird beispielsweise Wissen über unser Gesundheitssystem vermittelt. Es besteht jederzeit die Möglichkeit neue Vorschläge für weitere Projekte einzureichen und eine Förderung über das Gesundheitsministerium zu erhalten. Seit 2008 werden im Projekt „MiMi – Migranten für Migranten“ mit Förderung durch das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege wichtige gesundheitsbezogene Themen für Menschen, die der deutschen Sprache nicht oder nicht sicher mächtig sind, erfolgreich aufbereitet. An zwölf Standorten in Bayern geben speziell ausgebildete „Gesundheitsmediatoren“ die Informationen muttersprachlich an Migrantinnen und Migranten weiter. Die Zugangsbarrieren zur gesundheitlichen Regelversorgung sollen mit Hilfe dieses Projekts abgebaut werden. Die Gesundheitsmediatoren werden in verschiedenen Settings, wie beispielsweise Jugendhilfeeinrichtungen, Kulturzentren, Moscheen und Kirchen oder Sportvereinen eingesetzt und bestärken vor Ort dabei die vorhandenen Gesundheitsdienste in Anspruch zu nehmen und die Gesundheitskompetenz zu erhöhen.

 

Wahlprüfstein 6:

Plant Ihre Partei, den Ausbau von Sprachmittlung in medizinischen Versorgungsstrukturen, v.a. im Bereich der Notfallversorgung, zu unterstützen, bis eine bundesweite Regelung nach dem aktuellen Koalitionsvertrag umgesetzt wird?

 

GRÜNE

Wir GRÜNE setzen uns für die Bereitstellung eines Fonds aus Landesmitteln zur Deckung von Kosten für Sprachmittler*innen in medizinisch sensiblen Bereichen, wie z.B. Fragen zur reproduktiven Freiheit ein. Auch in der Notfallversorgung muss selbstverständlich gewährleistet sein, dass qualifizierte Sprachmittler*innen für die Patientenaufklärung, Information und Kommunikation zur Verfügung stehen. Darüber hinaus ist es für den Informationsfluss wichtig, dass endlich auch Aufklärungsbögen und andere Informationsmaterialien in mehr Sprachen übersetzt und zugänglich gemacht werden.

 

FREIE WÄHLER

Sprachmittlung ist ein wichtiges Hilfsmittel für Fachkräfte im Gesundheitswesen, in besonderem Maße im Bereich der psychischen Gesundheitsversorgung. Sprachbarrieren behindern eine effiziente Versorgung, sorgen für Reibungsverluste und benachteiligen Personen mit geringen Deutschkenntnissen. Wir sehen den Bund in der Pflicht, eine gesetzliche Regelung und eine verbindliche Kostenübernahme für dieses wichtige Thema zu schaffen.

 

SPD

Ja, wir als SPD sind z.B. für den Ausbau von MiMi – Mit Migranten für Migranten. Bayern könnte hier selbst Verantwortung übernehmen und aktiv werden und muss nicht auf den Bund warten! Grundsätzlich unterstützen wir das Ziel der Bundesebene, Sprachmittlung auch mit Hilfe digitaler Anwendungen im Kontext notwendiger medizinischer Behandlung zu einem Bestandteil des SGB V zu machen.

 

FDP

Wir als FDP Bayern unterstützen den Ausbau von Sprachmittlung in medizinischen Versorgungsstrukturen. Jeder Mensch hat ein Recht auf eine angemessene medizinische Versorgung, unabhängig von seiner sprachlichen Kompetenz. Sprachmittlung unterstützt das gelingendes Patient-Arzt-Verhältnis und erhöht die notwendige Compliance des Patienten im Behandlungsprozess.

Unser Ziel ist es, Barrieren abzubauen und allen Menschen unabhängig von ihrer Herkunft die bestmögliche medizinische Betreuung zukommen zu lassen.

 

CSU

In Bayern gelingt Integration besser, weil wir Integration fordern und fördern. Wir werden gemeinsam mit den Kommunen unsere Integrationsangebote klar auf Sprache, Bildung, Arbeit und Alltagskultur ausrichten. Dennoch stellen gerade im Bereich der Gesundheits- bzw. der Notfallversorgung sprachliche Barrieren besondere Herausforderungen dar. In einer Stresssituation kann es noch schwieriger werden die Sachlage in einer fremden Sprache darzulegen bzw. zu verstehen. Sprachmittlung kann hier ein wichtiges Hilfsmittel für eine schnellere und reibungslosere Versorgung der Patientinnen und Patienten darstellen. Gleichzeitig sind hierbei noch offene Fragen, wie (die Übernahme) der Finanzierung, das Vorhandensein der notwendigen Dolmetscher und die Möglichkeiten einer digitalen Zuschaltung von diesen zu klären.

 

 

Die Reihenfolge der Antworten der Parteien erfolgte nach deren zeitlichem Eingang bei Ärzte der Welt.

 

 

Forderungen von Ärzte der Welt

Ärzte der Welt e. V. und Condrobs e. V. fordern den Aufbau und die Finanzierung eines bayernweiten Netzwerks an Clearingstellen für Gesundheit (nach dem Vorbild der Münchner Clearingstelle Gesundheit), die Menschen ohne Krankenversicherungsschutz beraten und ihnen über einen Behandlungsfonds medizinische Versorgung ermöglichen:

 

 

Ärzte der Welt e.V. fordert die Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte für alle Personen, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen, um Barrieren und erhöhten Verwaltungsaufwand beim Zugang zu medizinischer Versorgung abzubauen:

 

 

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