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In den palästinensischen Gebieten bieten unsere Teams den Bewohner*innen psychologische Unterstützung an. Foto: Ärzte der Welt

Unsere Antworten auf Ihre häufigsten Fragen

Unsere Antworten auf Ihre häufigsten Fragen

 

Seit der Eskalation des Nahostkonflikts steht die Region im Zentrum der öffentlichen Aufmerksamkeit. Viele Menschen würden gerne besser verstehen, was in der aktuellen Situation auf dem Spiel steht. Wir erklären Ihnen einfach den Hintergrund unserer Hilfe in den palästinensischen Gebieten und haben unsere Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen nachfolgend zusammengefasst (FAQ).

Ihre Unterstützung ist wichtig, damit unsere Teams den Menschen in Gaza weiterhin zu Seite stehen können. Bitte helfen Sie uns dabei mit einer ► Spende!

Wie ist die humanitäre Lage im Gaza und im Westjordanland?

Der Gazastreifen ist ein sehr dicht besiedeltes Gebiet von 365 m², in dem 2,2 Millionen Menschen leben. Abgeschnitten vom Rest der Welt steht die Enklave seit 16 Jahren unter israelischer Blockade. Bereits vor der jüngsten Eskalation des Nahostkonflikts war die humanitäre Lage prekär. Seit Beginn der Bombardierungen und der verschärften Blockade durch die israelische Regierung am 7. beziehungsweise 9. Oktober 2023 spielt sich in Gaza jedoch eine humanitäre Katastrophe ab. Die öffentliche Infrastruktur ist zusammengebrochen, darunter das Gesundheitssystem und die Trinkwasserversorgung. Die Zerstörung von Häusern, Gesundheitseinrichtungen, Schulen und anderen Unterkünften des Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWAinfo-icon) hat diesen Zusammenbruch beschleunigt. Die meisten Krankenhäuser sind kaum funktionsfähig. Ihr Personal ist mit einem gravierenden Mangel an Medikamenten und medizinischer Ausrüstung konfrontiert und mit dem Zustrom von Verwundeten und Vertriebenen überfordert.

Den Bewohner*innen des Gazastreifens fehlt es an allem: Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom. Viele Menschen müssen verunreinigtes Wasser trinken und mit nur einer Mahlzeit am Tag auskommen. 1,9 Millionen Menschen sind vertrieben worden – oft schon zum wiederholten Mal – und sind nun gezwungen, auf der Straße oder in überfüllten Unterkünften zu schlafen. Durchfallerkrankungen, akute Haut- und Atemwegsinfektionen sowie hygienebedingte Infektionen nehmen zu, und es besteht die Gefahr, dass Epidemien ausbrechen.

Im Westjordanland sind zwischen dem 7. Oktober und dem 10. Januar 2023 mehr als 330 Palästinenser*innen, darunter 84 Kinder und Jugendliche, von der israelischen Armee oder radikalen Siedler*innen getötet worden. (Für das gesamte Jahr 2022 lag die Zahl bei 144.) Die meisten von ihnen starben bei den fast täglichen Razzien der israelischen Armee. Diese Razzien, die auch regelmäßig auf Gesundheitseinrichtungen und Krankenwagen abzielen, behindern den Zugang zur Gesundheitsversorgung für die Zivilbevölkerung. Daneben werden verstärkt Kontrollen an den Checkpoints durchgeführt. Dies schränkt die Bewegungsfreiheit der Zivilbevölkerung noch mehr ein als es bereits zuvor der Fall war, und macht es noch schwieriger, Gesundheitseinrichtungen aufzusuchen,humanitäre Hilfe zu leisten oder in Anspruch zu nehmen. Auch Gewaltakte israelischer Siedler*inner gegen palästinensische Zivilist*innen haben drastisch zugenommen. Von drei pro Tag vor dem 7. Oktober ist die Zahl der Vorfälle nun auf durchschnittlich sieben pro Tag gestiegen. Mehr als 1.200 Palästinenser*innen sind durch die Gewalt permanent aus ihren Gemeinden vertrieben worden und haben ihr gesamtes Hab und Gut verloren.

Was tut Ärzte der Welt vor Ort?

Ärzte der Welt ist seit 1995 in den Palästinensischen Gebieten aktiv und unterstützt die Zivilbevölkerung beim Zugang zu Gesundheitsversorgung. Wir arbeiten im Westjordanland und im Gazastreifen daran, Gesundheitseinrichtungen auf Notfälle wie Angriffe durch das israelische Militär oder durch Siedler*innen vorzubereiten und entsprechende Maßnahmen besser zu koordinieren. Im Westjordanland bieten wir psychosoziale Unterstützung für Opfer von Gewalt durch Siedler*innen und israelische Streitkräfte. Wir schulen medizinisches Personal darin, psychische Probleme zu erkennen und dafür zu sorgen, dass Betroffene Hilfe bekommen.

Seit dem 7. Oktober sind die humanitären Aktivitäten von Ärzte der Welt in den Palästinensischen Gebieten stark beeinträchtigt. Die katastrophale Situation in Gaza behindert unsere Arbeit. Unsere Mitarbeitenden vor Ort kämpfen ums Überleben. Dennoch konnten wir die Menschen im Gazastreifen unterstützen, indem wir medizinische Hilfsgüter geliefert haben. Unser Team im Westjordanland leistet weiter psychologische Hilfe. Der Bedarf danach ist aufgrund der starken Zunahme an Gewalt gegen Palästinenser*innen, vor allem durch radikale israelische Siedler*innen, gestiegen.

Wie sind unsere Teams von der aktuellen Situation betroffen?

Wie alle Einwohner*innen Gazas sind auch unsere Mitarbeitenden von den Bombardierungen und der humanitären Krise betroffen und versuchen, zu überleben. Die meisten mussten ihr Zuhause verlassen. Sie müssen Wasser trinken, das nicht zum Verzehr geeignet ist, und können meist nur einmal am Tag etwas essen. Unser Kollege Maysara Rayyes, ein 28-jährige Notarzt und medizinischer Supervisor, wurde bei der Bombardierung seines Wohnhauses in Gaza-Stadt zusammen mit mehreren Mitgliedern seiner Familie getötet. Ein weiterer Kollege wurde verwundet, als ein israelischer Panzer die Schule angriff, in der er Zuflucht gesucht hatte. Mehrere Teammitglieder haben in dieser dramatischen Situation ein Kind geboren oder sind Vater geworden.

Was fordert Ärzte der Welt?

Ärzte der Welt fordert einen sofortigen Waffenstillstand und einen sicheren und ungehinderten humanitären Zugang zum Gazastreifen. Wir bestehen auf der Verpflichtung der Staaten, das humanitäre Völkerrecht und die darin festgeschrieben Regeln der Kriegsführung und den Schutz der Zivilbevölkerung zu achten. Wir bekräftigen unsere Forderung, dass humanitäres und medizinisches Personal sowie Krankenhäuser und Schulen niemals zur Zielscheibe werden dürfen. Wir verurteilen alle Übergriffe gegen Zivilist*innen, ob palästinensischer oder israelischer Herkunft. Das humanitäre Völkerrecht muss von allen Konfliktparteien respektiert werden.

Wir sehen, dass das Recht auf Gesundheitsversorgung der palästinensischen Bevölkerung durch die israelische Besatzung massiv eingeschränkt wird. Unsere Organisation setzt sich daher für ein dauerhafte politische Lösung ein, die die Ursachen der Verletzungen des Völkerrechts und der Menschenrechte in den Palästinensischen Gebieten und Israel angeht.

Was ist der Auftrag von Ärzte der Welt?

Ärzte der Welt ist eine humanitäre, medizinische Nichtregierungsorganisation, die sich für gerechte und universelle Gesundheitsversorgung einsetzt. Als humanitäre Organisation untermauern wir die Prinzipien der Menschlichkeit, Unparteilichkeit, Neutralität und Unabhängigkeit unsere Arbeit.

Wir setzen uns besonders für die am stärksten gefährdeten Bevölkerungsgruppen ein und berichten über die Barrieren, die Ihren Zugang zu medizinischer Versorgung behindern.

Ist Ärzte der Welt in Israel aktiv?

Ärzte der Welt ist im Ausland in der Regel in Ländern aktiv, in denen gefährdete Bevölkerungsgruppen besondere Schwierigkeiten beim Zugang zu medizinischer Versorgung haben. In Israel schien bisher kein entsprechend hoher Bedarf gegeben zu sein. Unsere Organisation kann auch auf Ersuchen eines Landes tätig werden, das vom Zusammenbruch seines Gesundheitssystems bedroht ist. Israel hat bisher nicht um humanitäre Unterstützung gebeten.

Wie unabhängig ist unsere Arbeit in Gaza?

Die Grundsätze der Unabhängigkeit und Unparteilichkeit sind die Grundlage der humanitären Hilfe von Ärzte der Welt. Daher steht sowohl unsere Arbeit als auch unsere Finanzmittel und Spenden ausschließlich im Dienste der Zivilbevölkerung. Insbesondere arbeiten wir daran, das Gesundheitssystem zu stärken, indem wir Krankenhäuser, Gesundheitszentren und Gesundheitspersonal unterstützen. Als humanitäre Organisation akzeptieren wir keine Einmischung in die Durchführung unserer Projekte.

Woher kommen die Zahlen, die wir in unserer Kommunikation nennen?

In Bezug auf die aktuelle Situation in Gaza stützt sich Ärzte der Welt in seinen Mitteilungen und Analysen auf Zahlen, die vom Büro der Vereinten Nationen für die Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) und dem Gesundheitscluster der Weltgesundheitsorganisation veröffentlicht wurden. Wir glauben, wie mehrere Expert*innen, dass die Zahl der in Gaza getöteten Menschen unterschätzt wird, da es unmöglich ist, sämtliche Leichen zu zählen, die unter den Trümmern liegen.

Wie stehen sie zu den israelischen Opfern, einschließlich der von der Hamas genommenen Geiseln?

Ärzte der Welt verurteilt jegliche physische, sexuelle und psychische Gewalt gegen die Zivilbevölkerung, ob palästinensisch oder israelisch. Wir fordern den Schutz aller Zivilist*innen, einschließlich der Geiseln. Wir erinnern daran, dass Geiselnahmen nach dem humanitären Völkerrecht verboten sind und als Kriegsverbrechen betrachtet werden können. Am 18. Oktober haben wir eine Petition unterzeichnet, in der ein sofortiger Waffenstillstand im Gazastreifen und die Freilassung der Geiseln gefordert werden.

Wir sind nicht an den Verhandlungen zur Freilassung der israelischen Geiseln in Gaza beteiligt. Diese Maßnahmen fallen in den Zuständigkeitsbereich des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK).

In den vergangenen Wochen kursierten in den sozialen Medien Fotos von einer Notfallübung, die von Ärzte der Welt in Gaza durchgeführt worden ist. Was hat es damit auf sich?

Diese Bilder wurden 2017 im Rahmen der humanitären Einsätze von Ärzte der Welt im Gazastreifen aufgenommen. Dabei handelt es sich um eine notfallmedizinische Trainingsübung für medizinisches Personal. Die künstlichen Wunden sind von Spezialeffekt-Maskenbildnern aufgemalt worden, um die Übung für die Teilnehmenden noch realistischer zu machen. Diese Bilder haben nichts mit der aktuellen Situation in der Region zu tun und werden leider für Falschinformationen in den sozialen Netzwerken missbraucht.