Ein Gesetzesentwurf aus dem Arbeitsministerium sieht vor, dass Geflüchtete aus der Ukraine anstelle von Bürgergeld lediglich die niedrigeren Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) erhalten sollen. Damit fallen sie auch aus der regulären Krankenversicherung. Die neue Regelung soll rückwirkend zum 1. April 2025 in Kraft treten.
Wir halten das für reine Symbolpolitik!
Selbst die Ministerin für Arbeit und Soziales sagt, dass diese Änderung kein Geld einsparen wird. Das geplante Gesetz wird vielmehr dazu führen, dass es Ukrainer*innen schwerer haben, eine Arbeit aufzunehmen, da nach dem AslybLG die Jobcenter nicht mehr dafür zuständig sind, sie zu vermitteln. Außerdem wird es mit erheblichem Mehraufwand, Kosten und Bürokratie für die Kommunen einhergehen, die neue Regelung umzusetzen.
Was bedeutet das für die Gesundheitsversorgung?
Die Kürzungen machen es deutlich schwieriger für ukrainische Geflüchtete, ärztliche Versorgung in Anspruch zu nehmen. Denn nach dem AsylbLG wird nur die notwendige Versorgung bei akuter Erkrankung, Schmerzzuständen, Schwangerschaft und Geburt sowie Schutzimpfungen übernommen. Darüberhinausgehende Behandlungen können ebenfalls gewährt werden, müssen aber gesondert beantragt werden. Hierbei gibt es keine bundesweite Regelung, sondern Bundesländer und Kommunen handhaben dies unterschiedlich.
Ärzte der Welt kritisiert schon seit Langem das AsylbLG und fordert die Abschaffung dieses Gesetzes! Aus unseren Projekten wissen wir, dass es keine ausreichende Gesundheitsversorgung gewährleistet. Es führt dazu, dass sich zum Beispiel chronische und psychische Krankheiten verschlimmern. Häufig werden sie erst behandelt, wenn sie zu Notfällen werden. Das kommt dem Gesundheitssystem teurer zu stehen, als wenn man die Menschen präventiv oder bei den ersten Symptomen behandeln würde. Von den finanziellen Nachteilen dieser Regelungen abgesehen, sind sie diskriminierend und verstoßen gegen das Grundrecht auf ein möglichst gesundes Leben. Neben Rügen der Vereinten Nationen hat auch das Bundesverfassungsgericht bereits 2012 geurteilt, dass das AsylbLG in Teilen verfassungswidrig ist.
Die negativen Folgen des geplanten Gesetzes werden vor allem Personen in besonders schwierigen Lebensumständen zu spüren bekommen. Zum Beispiel würde für Menschen mit Behinderung der Anspruch auf Leistungen der Eingliederungshilfe wegfallen, welche die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben fördern.
Das Vorhaben der Regierung führt auch zu einer Ungleichbehandlung von Ukrainer*innen, die vor dem Stichtag gekommen sind und in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind und denjenigen, denen das rückwirkend zum 1. April verwehrt wird.
Gleichzeitig ist zu erwarten, dass es während der Übergangszeit zu Versorgungslücken kommt. Unsere Erfahrungen zeigen, dass es bei vorherigen Änderungen der rechtlichen Zuständigkeiten zu Unterbrechungen in der Gesundheitsversorgung aufgrund von bürokratischen Problemen kommt. Wir haben in unseren offenen Praxen viele Menschen gesehen, die beim Übergang von Leistungen nach dem AsylbLG ins Bürgergeld wegen bürokratischer Verzögerungen mehrere Wochen bis Monate keine Krankenversicherung oder Zugang zu Gesundheitsdiensten hatten.
Unser Appell an die Bundesregierung
Wir fordern, dass alle Menschen in Deutschland den gleichen Zugang zu Gesundheitsversorgung haben: Egal, woher sie kommen oder weshalb sie in Deutschland leben. Gesundheit ist ein Menschenrecht und keine Wohltätigkeit. Das bedeutet, dass alle Geflüchteten zu*r Ärzt*in gehen können. Der vorliegende Gesetzesentwurf verfehlt den Schutz dieses Rechtes, riskiert schlechtere Lebensbedingungen und die Gesundheit ukrainischer Geflüchteter und erschwert ihre Integration in Deutschland.