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Am 19. Februar 2025 hattet ihr eure erste allgemeinmedizinische Sprechstunde bei open.med Magdeburg.
Genau. Der erste Patient war ein Mann, der nach einem Zeitungsartikel über das Projekt schon Monate vorher immer wieder vorbeigekommen war. Das Projekt war noch im Aufbau, aber er wollte sehen, ob die Sprechstunden endlich losgegangen waren. Er suchte dringend eine Beratung zu seiner Krankenversicherung und es wurde auch deutlich, dass er eine umfassendere gesundheitliche Unterstützung benötigte. Wir sind sehr froh, in der Zwischenzeit hervorragende ehrenamtliche Ärzt*innen und Medizinstudierende für unser Projekt gefunden zu haben, die den Patient*innen helfen können.
Seitdem kommen stetig mehr Menschen zu euch. Wie läuft die Zusammenarbeit in eurem Team?
Wir sind ein kleines hauptamtliches Team mit zwei Mitarbeitenden in Teilzeit. Die Projektreferentin Verena Ruhsert ist Sozialarbeiterin und widmet sich unter anderem mit viel Engagement den sozialen Anliegen unserer Patient*innen sowie der Koordination unserer Ehrenamtlichen. Meine Schwerpunkte liegen unter anderem in der Organisation des Projektes und der Bearbeitung gesundheitsbezogener Aufgaben. Ich denke, die Patient*innen merken, dass sie bei uns respektiert werden, wir uns aufrichtig mit ihnen beschäftigen und ihnen auch sagen, wenn sich Probleme nicht sofort lösen lassen. Denn auch wir stoßen regelmäßig an unsere Grenzen.
Was sind die Hürden, denen ihr begegnet?
In Sachsen-Anhalt gibt es aktuell keine Clearingstelle Krankenversicherung und so haben wir keine Möglichkeit, die Patient*innen für eine Beratung zu ihrer Krankenversicherung weiter zu verweisen oder Behandlungsscheine für notwendige Facharztüberweisungen einzuholen. Wir versuchen daher, diese Unterstützung selbst zu leisten und die nichtversicherten Patient*innen dabei zu begleiten, in eine Krankenversicherung aufgenommen zu werden. Fehlende Behandlungsscheine versuchen wir durch Kooperationen mit Facharztpraxen aufzufangen. Insbesondere in der Frauenheilkunde besteht aktuell ein hoher Bedarf und wir sind sehr dankbar, dass uns eine Gynäkologin unterstützt. Durch den Ausbau unseres Netzwerks mit hilfreichen Personen sowie Organisationen aus Magdeburg und Umgebung gelingt dies zumindest teilweise schon ganz gut.
Dieses Netzwerk ist sicher sehr hilfreich, gerade, wenn man mit einem Angebot wie open.med bei Null anfängt.
Ja, wir lernen durch diese Vernetzung ständig Neues zu Bereichen, in denen andere Expert*innen sind. Wir wachsen an unseren Aufgaben und freuen uns, dass wir hier so verlässliche Partner*innen für den Austausch haben. Auch bei unseren Kolleg*innen von open.med in Berlin und München, können wir immer nachfragen und erhalten so wertvolles Know-how.
Ein Angebot wie unseres – mit einer kostenfreien allgemeinmedizinischen Sprechstunde für Menschen, die vom Gesundheitssystem ausgeschlossen sind – existierte in dieser Form in Sachsen-Anhalt noch nicht. Zudem bietet einmal im Monat ein Projekt der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt zahnmedizinische Behandlungen an. Und wir bieten nach Vereinbarung Kindersprechstunden sowie psychiatrisch-psychotherapeutische Sprechstunden an. Das leisten ehrenamtliche Mediziner*innen.

Obwohl open.med Magdeburg noch nicht so lange existiert, habt Ihr schon einen großen Patient*innen-Stamm. Hat euch der große Andrang überrascht?
Wir hatten damit gerechnet, dass wir uns vermutlich eine gewisse Vorlaufzeit geben müssen, bis überhaupt Menschen zu uns kommen. Aber durch die Berichterstattung in den regionalen Medien, wurden wir relativ schnell bekannt. Wir hatten bisher noch keine unbesuchte Sprechstunde – durchschnittlich haben wir in jeder Woche allein zwei bis drei Neuanmeldungen. Dazu kommen regelmäßig wiederkehrende Patient*innen wie chronisch Kranke oder auch Schwangere. Mehr als ein Drittel unserer Patient*innen sind Deutsche, was uns sehr überrascht hat. Auch, dass wir schnell zweistellige Besucherzahlen in den Sprechstunden hatten und wie groß teilweise ihre Not war und ist.
Es scheint, als hätte in Magdeburg eine Lücke existiert und als hätten viele Menschen nur auf die Eröffnung gewartet. Das hat uns darin bestärkt, dass wir aus gutem Grund hier sind.
Du bist seit dem 1. Juli 2024 bei Ärzte der Welt, seit über einem halben Jahr gibt es die Sprechstunden. Gibt es etwas, was Du Dir für die Zukunft von open.med wünschst?
Eine Clearingstelle zum Thema Krankenversicherung wäre wichtig, um die Patient*innen besser zu versorgen. Darüber hinaus wünsche ich mir, dass wir weitere dringend benötigte Angebote ermöglichen und die unsere Potenziale ausbauen können. Wir sind regelmäßig im Austausch mit dem MediNetz – einem ähnlich ausgerichteten und sehr wertvollen Projekt - sowie mit unseren fachärztlichen Kooperationspraxen, den Krankenhäusern, der Bahnhofsmission, der kooperierenden Apotheke, unserem Labor und vielen weiteren Anlauf- und Beratungsstellen. Wir sehen dadurch immer deutlicher, wo notwendige Bedarfe bestehen.
Ich möchte uns noch stärker vernetzen und open.med Magdeburg sichtbarer machen, damit wir die Menschen an die richtigen Angebote überweisen und gemeinsam Lösungen finden können. Dazu gehört auch der Austausch mit der Stadt, dem Sozialamt, Gesundheitsamt und der Ausländerbehörde, denn es gibt überall motivierte Mitarbeitende, die Menschen helfen wollen.
Hast Du ein Beispiel?
Als eine schwangere Patientin von uns über drei Wochen im Krankenhaus bleiben musste, haben viele Menschen daran mitgewirkt haben, die Frau bei ihrer Genesung und auch ihre Familie zu unterstützen. Selbstverständlich kostet das Geld, aber die Kosten dürfen nicht der einzige Fokus sein. Denn Gesundheit ist ein Menschenrecht – auch für mittellose Personen.
Wie ist Deine generelle Sicht auf das Projekt nach dieser ersten Zeit?
Ich habe das Gefühl, dass wir in Magdeburg mit vielen herzensguten Menschen etwas anschieben, das sinnhaft und notwendig ist. Wir haben finanzielle, ideelle und personelle Unterstützung auf verschiedenen Ebenen erhalten. Dafür bin ich sehr dankbar. Vielen Menschen konnten wir daher schon helfen und das stimmt mich positiv für die Zukunft von open.med Magdeburg.