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Menschen ohne Papiere haben oft Schwierigkeiten, bei Notfällen im Krankenhaus behandelt zu werden. Foto: Ärzte der Welt

Selbst im Notfall von Behandlung ausgeschlossen

Selbst im Notfall von Behandlung ausgeschlossen

 

Menschen ohne Papiere haben in Deutschland de facto keinen Zugang zum Gesundheitssystem – oft selbst dann nicht, wenn sie bei einem Notfall ins Krankenhaus müssen. In ihrer aktuellen Publikation geht die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität (BAG) auf Rahmenbedingungen, Fallbeispiele und Probleme bei der praktischen Umsetzung der Notfallhilfe im Krankenhaus ein und zeigt Lösungen auf, wie der Zugang für Menschen ohne Papiere besser geregelt werden könnte.

Der gesellschaftspolitische Diskurs um Menschen ohne Papiere hat in den letzten Jahren zugenommen, nicht zuletzt, weil sich zivilgesellschaftliche Initiativen wie Ärzte der Welt, Wohlfahrts- und Fachverbände, Politik, Wissenschaft und Medien des Themas verstärkt angenommen haben. Dennoch ist es für Menschen ohne Papiere in Deutschland weiterhin schwierig, ihren Rechtsanspruch auf Zugang zur Gesundheitsversorgung umzusetzen. Die in 2007 von der BAG identifizierte „strukturell bedingte medizinische Unterversorgung“ hat nach wie vor Bestand.

Deutschland hat den völkerrechtlich verbindlichen UN-Sozialpakt ratifiziert. Hier ist festgeschrieben, dass jeder Mensch ein Recht auf Zugang zu gesundheitlicher Versorgung hat. Im deutschen Recht haben auch Menschen ohne legalen bzw. mit ungesichertem Aufenthaltsstatus einen Anspruch auf (eingeschränkte) Gesundheitsdienstleistungen. Umgekehrt verpflichten sich in Deutschland Ärzt*innen zur Behandlung unabhängig vom Aufenthaltsstatus der betroffenen Person.

De facto ist für Patient*innen ohne Papiere der Zugang zu einer Gesundheitsversorgung jedoch versperrt: Vor der medizinischen Behandlung in einer regulären ambulanten Arztpraxis müssen die Menschen einen Krankenschein zur Kostenübernahme bei der Sozialbehörde beantragen. Aufgrund der in Deutschland geltenden Übermittlungspflicht muss die Sozialbehörde den rechtlich unerlaubten Aufenthalt bei der Ausländerbehörde melden. Damit droht eine potenziell existenzgefährdende Abschiebung. Besser sollte es nach der geltenden Rechtslage beim Zugang zur Notfallhilfe im Krankenhaus aussehen: Über den sog. „Nothelferparagraphen“, § 6a Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und der verlängerten ärztlichen Schweigepflicht sollte die Behandlung im Notfall gesichert sein.

Der "Nothelferparagraph" funktioniert nicht

In der Praxis sieht es jedoch anders aus: Die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität (BAG) beobachtet bundesweit zwei zentrale Probleme bei der Notfallhilfe für Menschen ohne Papiere im Krankenhaus:

  • Erstens können die Menschen sich nicht ausreichend sicher sein, dass ihre Daten nicht an die Ausländerbehörde weitergereicht werden, wenn sie im Notfall ein Krankenhaus aufsuchen.

  • Zweitens wird den Betroffenen teilweise aufgrund fehlender Kostenübernahmen eine sofortige Behandlung im medizinisch notwendigen Umfang verwehrt. Denn die gegenwärtigen Regelungen zum „Nothelferparagraphen“ sind nicht praktikabel – zum erheblichen finanziellen Nachteil der Krankenhäuser: Eine Kostenerstattung durch das Sozialamt im Notfall greift nur in einem Bruchteil der Fälle. Dies hat Auswirkungen auf die Möglichkeit und Bereitschaft der Krankenhäuser, die Versorgung in angemessenem Umfang sicherzustellen. Zudem fehlen entsprechende Kapazitäten und oft das Wissen über Abrechnungsmöglichkeiten für die Behandlung von Menschen ohne Papiere. Hinzu kommen andere Barrieren, wie fehlende Sprachkenntnisse und mangelnde Sensibilität für die Lebensumstände von Menschen ohne rechtlichen Aufenthaltsstatus.

 

Die vorliegende Broschüre stellt zunächst die gesetzlichen Rahmenbedingungen dar und gibt anhand einiger Fallbeispiele einen Einblick in die damit verbundenen Probleme bei der praktischen Umsetzung gesundheitlicher Notfallhilfe im Krankenhaus. Abschließend werden fachpolitische Empfehlungen gegeben, wie der Zugang zur Notfallhilfe im Krankenhaus für Menschen ohne Papiere besser geregelt werden könnte.

 

Die Bundesarbeitsgruppe Gesundheit/Illegalität (BAG) ist eine Initiative von Expert*innen aus dem Gesundheitswesen, die sich für einen ungehinderten Zugang zur medizinischen Versorgung unabhängig von Herkunft und Aufenthaltsstatus einsetzt. Mitglieder dieses Zusammenschlusses sind über 100 Organisationen und Einzelpersonen aus der medizinischen Praxis, aus dem Gesundheitswesen, aus Kirchen, Wohlfahrtsverbänden, Wissenschaft, Kommunen und nichtstaatlichen Organisationen, auch Ärzte der Welt. Viele der Mitgliedsorganisationen leisten seit vielen Jahren humanitäre medizinische Hilfe für unversicherte Patient*innen, darunter unversorgte Menschen ohne Papiere.

 

Bundesarbeitsgruppe Gesundheit / Illegalität
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