Zahl der Erkrankten steigt
Die Folgen sind deutlich: “In den letzten zwei Monaten haben wir immer mehr Kinder und ältere Menschen mit Atemwegsinfektionen aufgrund von Kälte und Luftfeuchtigkeit gesehen. Diese Infektionen waren im Oktober und November der Grund für ein Drittel der Arztbesuche“, sagt Dr. Nikolaos Marinos, medizinischer Koordinator von Ärzte der Welt Griechenland. „Für einige ist dies lebensbedrohlich, weil die Kälte Asthmaanfälle oder schwere Lungenentzündungen mit gravierenden Komplikationen hervorrufen kann. Die Zahl der Lungenentzündungen hat sich in den letzten zwei Monaten fast verdoppelt. Das Risiko einer Erkrankung ist stark gestiegen, weil die Menschen auf sehr engem Raum zusammenleben, oft mit vier bis fünf Menschen in einem Zelt. Die Gefahr, dass sich Epidemien innerhalb der Flüchtlingscamps ausbreiten, ist somit sehr hoch.“
Offene Feuer sollen wärmen - und gefährden die Menschen
Dazu kommt die Tatsache, dass die Menschen alles versuchen, um sich auch ohne Heizung aufzuwärmen. Im Camp Oreokastro im Norden Griechenlands wurden einen Frau und ihre zwei Kinder schwer verbrannt, als sie sich an einem Kochfeuer wärmen wollten. Mit sinkenden Temperaturen und steigender Verzweiflung steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass sich Unfälle dieser Art häufen werden.
Ahmed R., ein Flüchtling aus A’zaz in Syrien, ist in einer alten Fabrik im Norden Griechenlands untergebracht. „Das einzige, was wir bei dieser Kälte tun können, ist Feuer zu machen“, sagt Ahmed R. „Es ist gefährlich und der Rauch verteilt sich überall. So zünden wir die Feuer draußen an. Aber wenn wir wieder hinein gehen, ist es dort immer noch zu kalt, um zu schlafen. Also machen wir auch drinnen Feuern an. Wir haben noch nie unter so schlechten Bedingungen gelebt. Wir haben nicht gedacht, dass wir so zurück gelassen werden.“ Dr. Marinos bestätigt das: “Wir dürfen nicht die Langzeiteffekte für das Atemwegssystem vergessen, die durch das Einatmen von Rauch und giftigen Materialien entstehen. Die Menschen machen Lagerfeuer, um sich warm zu halten. Aus medizinischer Sicht ist das absolut inakzeptabel.“
Ärzte der Welt appelliert an europäische Regierungen
Ärzte der Welt versucht mit allen Mitteln eine humanitäre Krise zu verhindern. „Die griechische Regierung, die EU und das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen unternehmen bereits einige Anstrengungen um die Lebensbedingungen in den Camps zu verbessern, aber es ist nicht genug – bei weitem nicht“, bekräftigt François de Keersmaeker, Direktor von Ärzte der Welt Deutschland. „Griechenland ist mitten in einer Wirtschaftskrise. Wir können von diesem Land nicht erwarten, allein mit dem Problem fertigzuwerden, während andere europäische Länder keine Flüchtlinge aufnehmen. Alle europäischen Länder müssen jetzt handeln und ihren vereinbarten Anteil an Geflohenen von Griechenland übernehmen. Nicht mehr und nicht weniger.“
Im Europarat hatten mehrere Mitgliedstaaten zugesagt, Menschen aus den griechischen Flüchtlingslagern aufzunehmen – doch nur ein Bruchteil konnte bisher in andere europäische Länder ausreisen.
Das internationale Netzwerk von Ärzte der Welt unter Leitung von Ärzte der Welt Griechenland bietet kostenlose und qualitative Gesundheitsversorgung an für Flüchtlinge und Migranten, die auf den Ägäischen Inseln und dem griechischen Festland ankommen. Darüber hinaus werden die Grundbedürfnisse der Flüchtlinge abgedeckt durch den Zugang zu Erste-Hilfe-Ausrüstungen und in manchen Fällen durch Essen, Kleidung, Decken und Schlafsäcke.
Das Angebot von Ärzte der Welt ist vielfältig: Die medizinischen Mitarbeiter der Organisation untersuchen und behandeln die Flüchtlinge, organisieren Gesundheitsdienste und leisten medizinische und psychosoziale Unterstützung. Die Teams identifizieren besonders gefährdete Menschen und vermitteln sie an spezialisierte Sozialdienste weiter, verteilen Erste-Hilfe-Material und stellen Übersetzer und Dolmetscher für die Geflohenen zur Verfügung. Derzeit sind die Teams von Ärzte der Welt an 28 Orten in ganz Griechenland im Einsatz.
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