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Flüchtlingsunterkunft im ehemaligen Berliner Flughafen Tempelhof.

Mit der Moving.Clinic am Flughafen Tempelhof

Mit der Moving.Clinic am Flughafen Tempelhof

 

In einem umgebauten Linienbus hatte Ärzte der Welt in Kooperation mit dem Studierendenverein U-Aid, dem IT-Anbieter Cisco, der Initiative „Women for Women“ der Charité und der Deutschen Bahn ab Juni 2022 Geflüchtete versorgt. Nun haben wir das Projekt abgeschlossen, um uns dem Aufbau unserer neuen Praxis in Lichtenberg zu widmen. Ein Abschiedsbesuch.

Dicht an dicht stehen die Container im Hangar des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof. Die rund 12 Quadratmeter großen Einheiten sind spärlich möbliert, vier Personen sind jeweils darin untergebracht. Insgesamt leben aktuell rund 800 Geflüchtete und Asylsuchende in dem ehemaligen Flughafengebäude. Um zu duschen oder auf die Toilette zu gehen, müssen sie nach draußen gehen. Über den großen Transparenten, die auf die Waschräume hinweisen, hängt notdürftig mit der Hand gewaschene Kleidung zum Trocknen.

Fehlende Waschmöglichkeiten machen krank

Wie mangelhaft die hygienischen Bedingungen in der Unterkunft sind, wird gleich beim ersten Patienten der Moving.Clinic, einen zur Arztpraxis umgebauten Bus, klar. Der junge Mann aus Afghanistan hat die Krätze, eine ansteckende Hautkrankheit, die durch Parasiten verursacht wird und mit quälendem Juckreiz einhergeht.

„Ich war schon einmal hier und habe Medikamente bekommen, aber das Jucken ist nicht besser geworden, besonders nachts“, erzählt er auf Farsi. Ein Dolmetscher übersetzt per Videokonferenz.

Die Ärztin Antonia Sanad erklärt, der andauernde Juckreiz bedeute vorerst nicht, dass die Medikamente nicht wirken. Sie gibt dem Patienten noch einmal Tabletten mit und sagt, er solle darauf achten, seine Kleidung bei 60 Grad zu waschen. Der junge Mann antwortet, dass er in der Einrichtung nicht die Möglichkeit habe, dies sicherzustellen. Die Wäsche aller Bewohner*innen werde regelmäßig eingesammelt und zusammen gewaschen. Die Ärztin stellt zum zweiten Mal einen Zettel mit dem Hinweis aus, dass die Kleidung des Patienten bei entsprechend hoher Temperatur gewaschen werden muss. Diesen soll er beim Sozialdienst der Unterkunft vorlegen. Der Patient bittet sie, auch zu vermerken, dass er frische Bettwäsche bekommt.

„Krätze hatte ich vorher noch nie gesehen, jetzt sehe ich sie regelmäßig“, sagt Sanad, die ehrenamtlich bei der Moving.Clinic arbeitet. Im Laufe der Sprechstunde werden noch mehrere Patient*innen mit der Krankheit den Bus aufsuchen und schließlich die Medikamente ausgehen. „Es macht auf Dauer wenig Sinn, wenn wir die Krankheit behandeln, aber die hygienischen Bedingungen in der Unterkunft so problematisch bleiben, wie sie sind“, sagt die Ärzte der Welt-Projektleiterin Susanne Eikenberg. „Wir werden deshalb einen Brief an die Heimleitung schreiben.“

Arztpraxen weisen Geflüchtete häufig ab

Auch eine Familie aus Georgien sucht heute Hilfe im Bus. Der dreijährige Sohn leidet unter Dermatitis und Asthma. „Nachts röchelt er, juckt sich und rollt sich hin- und her. Ich habe das Gefühl, ihn festhalten zu müssen, damit er nicht aus dem Bett fällt“, sagt die Mutter. Das Essen in der Unterkunft verstärke die Symptome des Kleinen, ergänzt der Vater. „Ist es vielleicht möglich, dass er etwas Diätisches zu essen bekommt?“

Medizinstudentin Lucie Schröder engagiert sich ebenfalls ehrenamtlich bei dem Ärzte der Welt-Kooperationspartner U-Aid. Als sie sich nach dem Gesundheitszustand der Eltern erkundigt, winken diese zunächst ab. Es ginge ihnen vor allem darum, endlich Hilfe für ihr Kind zu bekommen. Schon drei Mal seien sie mit ihm in einer Arztpraxis abgewiesen worden, weil sie keine Krankenversicherungskarte vorweisen konnten.

Als Lucie Schröder noch einmal nachhakt kommt heraus, dass die Mutter schon länger an Schmerzen beim Wasserlassen und in den Nieren leidet. Schröder ermutigt sie, der Ärztin davon zu berichten.

Praxis in Lichtenberg wird neue Anlaufstelle

Insgesamt werden an diesem Tag elf Patient*innen die mobile Praxis aufsuchen. Für Ärzte der Welt ist es der letzte Einsatz, weil sich das Team nun voll und ganz dem Aufbau einer neuen Praxis in Lichtenberg widmen wird. Dort werden wir weiterhin Menschen ohne Krankenversicherung oder mit erschwertem Zugang zum Gesundheitssystem kostenlos versorgen.

„Mit unseren Einsätzen haben wir eine Brücke geschlagen zwischen den dringenden Bedarfen an medizinischer Versorgung von Geflüchteten und den strukturellen Lücken im Gesundheitssystem. Das langfristig zu gewährleisten, ist jedoch eine Aufgabe der Politik und nicht die Aufgabe von NGOs und Ehrenamtlichen“, so das Fazit von Projektleiterin Susanne Eikenberg.

Angesichts der hohen Anzahl von Geflüchteten, die derzeit täglich in Berlin eintreffen, bleibt jedoch leider voraussichtlich auch für die Zivilgesellschaft noch viel zu tun.

 

 

Der kleine Junge aus Georgien leidet besonders unter den Bedinungen in der Flüchtlingsunterkunft. Foto: Ärzte der Welt
Der kleine Junge aus Georgien leidet besonders unter den Bedinungen in der Flüchtlingsunterkunft. Foto: Ärzte der Welt

 

 

Für die Ausstattung und Inbetriebnahme der medizinischen Anlaufstelle in Berlin-Lichtenberg werden dringend Spenden benötigt.

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